Energiewende nicht so wichtig?

Viele Bürger haben den Eindruck, dass ihre Zukunftssorgen von der Großen Koalition in Berlin nicht ernst genommen werden. Das zeigt sich auch beim Thema Energiewende und Klimaschutz.

Im Schweinsgalopp hat die GroKo im Sommer das neue EEG, das zu Beginn 2017 in Kraft tritt, durch den Bundestag gejagt. Und der Bundesrat musste gar nicht zustimmen, weil es ein „Einspruchsgesetz“ ist und kein „zustimmungspflichtiges“. Wenn das Gesetz zustimmungspflichtig gewesen wäre, wäre es in dieser Form nicht beschlossen worden oder die Länder hätten von vornherein anders verhandelt.

Von parlamentarischem Selbstbewusstsein kann da keine Rede sein. Die EEG-Novelle lässt den Großteil der deutschen Bevölkerung, die sich mehr erneuerbare Energien wünschen, fassungslos zurück. Sie fragen sich, warum der Ausbau massiv gedrosselt, statt nach den Klimabeschlüssen von Paris beschleunigt wird. Und warum die Bürgerenergie mit dem Instrument der Ausschreibungen ausgesperrt werden soll und es keine deutlichen Verbesserungen bei Solar, Wasser, Geothermie und Bioenergie gibt, sondern nun auch bei der Windkraft Verschlechterungen.

Die Verdrossenheit der Bürger über die verfehlte Energie- und Klimapolitik wird weiter zunehmen. Unserer Demokratie ist das nicht zuträglich, allein der hohe Anteil an Nichtwählern zeigt das. Nach dem BREXIT haben viele deutsche Politiker gesagt, man müsse wohl eine andere Politik machen, damit man die Bürger besser gewinnen könne. Davon ist bei dem weitreichenden gesellschaftlichen Projekt der Energiewende aber nichts zu spüren. Erneut wird wieder nur das Bestandschutzinteresse der Kohlewirtschaft befördert, Bürgerenergie wird unter Druck gesetzt.

Nachdem es bei Solar- und Bioenergie in der letzten Monaten und Jahren schon so gut wie keine Neugründungen bei Bürgerenergiegemeinschaften mehr gab, werden nun auch bei der Windenergie die Bürgeraktivitäten weitgehend gestoppt. Angeblich verbesserte Zugangsbedingungen für Bürgergenossenschaften bei Ausschreibungen können nicht verhindern, dass Bürgerenergiegemeinschaften mit dem Instrument der Ausschreibungen nichts anfangen können, weil für sie die finanziellen Risiken viel zu hoch sind. Nur große und finanzstarke Unternehmen können diese Risiken schultern.

Durch das EEG 2017 wird der Windsektor weitgehend einbrechen. Die letztjährige Investition in 6 Gigawatt wird durch festgesetzte 2,8 GW über Ausschreibungen ersetzt. Die Erfahrungen mit Solar zeigen, was zu befürchten ist: 2,5 GW sind das Ziel, in diesem Jahr werden aber wohl nur unter 1 GW erreicht werden. Auch bei Wind ist ein Einbruch auf weit unter 2,8 GW zu befürchten.

Einziger Lichtblick ist, dass Mieterstromprojekte von der EEG-Umlage befreit werden sollen. Dies könnte eine gute Dynamik entfachen, wenn die dafür vom Wirtschaftsministerium zu erarbeitende Verordnung bald kommt und sie diesen ökonomischen Vorteil nicht durch zu große Bürokratie wieder kaputt macht.

Es sind nun alle gesellschaftlichen Kräfte gefragt, ihre Aktivitäten in die Energiewende weiter zu verstärken. Vom EEG unabhängige Investitionen in Ökostromprojekte, in neue Geschäftsmodelle, in Kombikraftwerke, in die Verbindung mit Wärme- und Verkehrssektor, in autarke oder autarkiefähige Eigenenergieerzeugung sind einige Stichworte. Es gibt nichts Wichtigeres für den Klimaschutz und den Atomausstieg, als dass die Gesellschaft daran arbeitet, dass die von der Bundesregierung vorgelegten Ausbauziele übertroffen werden.


Wie von Seiten der Energiewirtschaft gegen die erneuerbaren Energien gearbeitet wird, beleuchten wir zusätzlich in einem anderen aktuellen Artikel des Vereins. >>mehr

© sfv / mester

© sfv / mester

Windräder bei Marburg.