Bundesregierung schnürt Solarpaket 1

Am 5. Mai 2023 stellte die Bundesregierung ihre Photovoltaikstrategie vor. Sie umfasst zwei Solarpakete. Das erste soll noch vor der Sommerpause im Kabinett vorgestellt und nach der Sommerpause Gesetz werden. Wir schauen uns an, was auf uns zu kommt.

Jährlich 22 Gigawatt Zubau bei der Photovoltaik, davon je die Hälfte auf Dächern und auf Freiflächen, das ist das Ziel der Regierung. Das ist mehr als doppelt so viel, wie in den PV-Rekordjahren 2010 bis 2012. Dass einiges passieren muss, um dies zu ermöglichen, hat ein PV-Gipfel im März ergeben: Über 600 Stellungnahmen aus der Branche haben gezeigt, wo es klemmt.

Die Bundesregierung greift viele dieser Stellungnahmen auf und macht sich mit zwei Solarpaketen an die Arbeit. Noch vor der Sommerpause soll das Solarpaket 1 im Kabinett beraten und nach der Sommerpause beschlossen werden.

 

Das möchte die Bundesregierung mit dem Solarpaket 1:

 

Dachanlagen

  • Repowering zulassen

Repowering ist jetzt auch möglich, wenn die Module nicht defekt sind. Die (Rest-)Vergütung geht dann auf die neuen Module über, der Vergütungsanspruch für die alten erlischt.

  • Übergangsweise: Gartenanlagen ohne Dachprüfung

Eine PV-Anlage im Garten wird im Rahmen des EEG nur dann gefördert, wenn das Dach des Gebäudes nicht für Photovoltaik geeignet ist. Bis die Bundesregierung geregelt hat, welche Dächer als geeignet gelten und welche nicht, wird davon ausgegangen, dass das Dach nicht geeignet ist.

  • Direktvermarktung ohne Fernsteuerung

Anlagen bis 25 kWp sollen auch ohne Anlagenfernsteuerung (Funkrundsteuerempfänger) in die Direktvermarktung gehen können.

  • Parallelbetrieb (mit und ohne Eigenverbraucht) erleichtern

Die jährliche Meldung bei zwei Anlagen, welches die Eigenverbrauchs- und welche die Netzeinspeiseanlage ist, soll entfallen.

  • Regeln zur Anlagenzusammenfassung vereinfachen und lockern

Wer sich eine PV-Anlage auf sein Dach bauen will, soll nicht mehr davon abhängig sein, ob sein Nachbar dies ein paar Wochen zuvor schon getan hat.

  • Eine gemeinschaftliche Gebäudeversorgung soll ermöglicht werden

Strommengen aus einer Photovoltaikanlage sollen hinter dem Netzverknüpfungspunkt anteilig den Nutzern zugerechnet werden können.

  • Virtuelle Summenzähler sollen eingeführt werden

Mit Hilfe intelligenter Messsysteme, auch an nicht bilanzierungsrelevanten Unterzählern, sollen bei Mieterstrommodellen physische Summenzähler am Netzanschlusspunkt überflüssig werden. Die notwendige Messwerterhebung und -verarbeitung übernimmt dann der Messstellenbetreiber.

  • Balkon-PV verbessern

Bei Steckersolargeräten soll die Doppeltmeldung, beim Marktstammdatenregister und beim Netzbetreiber, „entschlackt“ werden. Übergangsweise dürfen solche Anlagen an jedem Zähler, auch am rückwärtsdrehenden Ferrariszähler, betrieben werden, bis der Netzbetreiber diesen austauscht. Balkon-PV-Anlagen sollen nicht mehr mit Dachanlagen zusammengefasst werden und sollen bis 800 Watt peak (bisher: 600 Wp) leisten dürfen.

Freiflächenanlagen (PV-FFA)

  • Privilegierung im Baugesetzbuch

PV-FFA sind nach § 35 Baugesetzbuch nicht privilegiert. Es muss bisher jeweils eine Bauleitplanung mit Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan aufgestellt werden, was viel Zeit und Geld kostet. Deshalb wird jetzt eine eng ausgelegte Privilegierung im Außenbereich geprüft, z.B. innerhalb der Flächen des EEG für die Förderung von Freiflächen (500 m neben Autobahnen und Schienenwegen) oder bei hofnahen Agri-PV-Anlagen. Für solche Anlagen wäre dann nur noch eine Baugenehmigung erforderlich.

  • FF-PVA in Gewerbe- und Industriegebieten

Es wird klargestellt, dass PV-FFA in Gewerbe- und Industriegebieten generell zulässig sind, da von ihnen keine erhebliche Belästigung ausgeht. Auch soll künftig die auf dem Grundstück zulässige Grundflächenzahl von PV-FFA überschritten werden können.

  • Agri-PV

Unterschiedliche Agri-PV-Konzepte (horizontal über der Fläche, vertikal) sollen bewertet werden.

  • Biodiversitäts-PV-Anlagen

Ab dem Jahr 2024 sind die Landwirte verpflichtet, mindestens vier Prozent ihrer Flächen aus der aktiven Bewirtschaftung zu nehmen und in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) zu halten. Davon sind die Flächenprämien abhängig. Es soll geprüft werden, wieweit sog. Biodiversitäts-PV-Anlagen hierfür anrechenbar sind.

  • Straßen und Verkehrsrecht

Es wird klargestellt, dass die Belange der erneuerbaren Energien bei Anlagen an Verkehrswegen grundsätzlich die straßenrechtlichen Belange überwiegen.

Netzanschluss

  • Wegenutzungsrecht

Ein Recht zur Verlegung von Anschlussleitungen gegen Entschädigung soll bei Freiflächenanlagen eingeführt werden, ähnlich wie auch bei Stromnetz- und Breitbandausbau.

  • Frist für Zähleraustausch kürzen

Für den Zähleraustausch hat der Netzbetreiber künftig einen Monat Zeit. Erfolgt dies nicht fristgemäß, kann der Anlagenbetreiber die Zähler selbst beschaffen und einbauen. Diese Maßnahme gilt bereits.

  • Vereinfachte Anlagezertifizierung

Anlagen müssen erst ab einer Einspeiseleistung von 270 kW oder einer Gesamtleistung von 500 kWp zertifiziert werden. Unterhalb reicht ein Einheitenzertifikat. Eine Datenbank für Einheitenzertifikate wird geschaffen.

  • Vereinfachter Netzanschluss

Anlagen bis 30 kWp sollen auf einem Grundstück mit bestehendem Netzanschluss vom Elektrofachbetrieb angeschlossen werden können, wenn der Netzbetreiber sich nicht fristgemäß zurückmeldet. Dies galt bisher nur für Anlagen bis 10,8 kWp. Wenn die Leistung des Anschlusses ausreicht, gilt dies übergangsweise per EU-Notfall-Verordnung auch für Anlagen bis 50 kWp.

  • TAB vereinheitlichen

Die Technischen Anschlussbedingungen (TAB) der rd. 870 Netzbetreiber sollen vereinheitlicht werden. Dies ist ein längerfristigeres Vorhaben im Branchendialog „Beschleunigung von Netzanschlüssen“.

  • Freiheit für Installateure

Bislang mussten Installateure sich bei jedem Netzbetreiber extra eintragen lassen. Künftig soll die Eintragung in einemInstallateur/-innenverzeichnis eines Netzbetreibers ausreichen, um bundesweit tätig zu sein.

Steuerrecht

  • Stromerzeugung aus PV soll nicht mehr zum Verlust derGemeinnützigkeit führen.
  • PV-Kleinunternehmer dürfen nicht mehr zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung gezwungen werden.
  • Gewerbesteuerbefreite Vermietungseinkünfte werden durch Lieferung von Photovoltaikstrom nicht mehr gewerblich „infiziert“.
  • Freiflächen mit PV-Anlagen können dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugerechnet werden.
  • Wer keine zu versteuernde Strommengen hat, soll von Anmelde-, Anzeige- und Meldepflichten befreit werden.
  • Wohn-Riester wird auf Photovoltaik ausgedehnt.

 

Für das Solarpaket 2, das in der zweiten Jahreshälfte 2023 auf den Weg gebracht wird, sind u.a. folgende Änderungen angedacht:

 

Dachanlagen

  • Es werden bundesweit einheitliche Abstandsvorgaben zu Brandschutzwänden angestrebt.
  • Der Bezug der Stand-By-Verbräuche von Wechselrichterverbräuchen soll ohne Grundgebühr möglich werden.
  • Bei der Schutzgüterabwägung sollen PV-Anlagen dem Denkmalschutz vorgehen.
  • Die Möglichkeiten des Energy Sharings, also der gemeinschaftlichen Verwendung von Solarstrom unter Nutzung des öffentlichen Netzes, sollen ausgelotet werden.

Freiflächen

  • Für Parkplatz-PV-Anlagen soll eine neue Anlagenkategorie geschaffen werden. Die Genehmigungsanforderungen sowie die Vergütungsstruktur für solche Carports soll geprüft werden.
  • Kleine FF-PVA (bis 1 MWp) sollen gezielt gefördert werden.
  • Die Anforderungen an schwimmende PV-Anlagen (Floating PV) sollen im Wasserhaushaltsgesetz nachjustiert werden.
  • Baugenehmigungen für PV-FFA sollen verzichtbar werden, wenn für das Projekt bereits eine Bauleitplanung erfolgt ist.

Lieferketten sichern, Photovoltaikindustrie aufbauen

Schon einmal, bis ca. 2012, war Deutschland führend in der Photovoltaikindustrie. Bis die damalige Bundesregierung diese wissentlich zerstört hat. Jetzt muss sie wieder aufgebaut werden, damit wir in punkto Lieferkette nicht vom Regen in die Traufe, sprich von Putin zu Xi, kommen. Das dieses Milliarden kostet, ist der Regierung klar. Sie hat eine Durchführbarkeitsstudie beauftragt, plant ein Investitionsförderprogramm, entwickelt eine eigene Fachkräftestrategie und will die Technologieentwicklung voranbringen sowie die Forschung fördern.

 

Bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung diese Solarpakete zügig umsetzen kann. Bei einigen Dingen kann es dauern, denn dort sind weitere Beteiligte einzubinden, z.B. Netzbetreiber bei der gegenseiteigen Anerkennung von Installateuren oder Vereinheitlichung der TAB. Wir sind gespannt, was am Ende realisiert wird. Und wann ....

Mit zwei Solarpaketen will Deutschland Photovoltaik voranbringen.

Das Repowering von PV-Anlagen soll bedingungslos erlaubt werden.