Später Netzanschluss beim Bundessortenamt in Haßloch

Über ein Jahr nach der Fertigstellung konnte am 29. November 2022 endlich das Bürgersonnenkraftwerk auf dem Bundessortenamt in Haßloch ans Netz gehen.

Die 299 kWp starke Photovoltaikanlage wurde im Juni 2021 betriebsbereit im Sinne des EEG fertiggestellt und ist seitdem bereit klimafreundlichen Sonnenstrom zu produzieren.

Warum aber wurde über ein Jahr kein einziger Sonnenstrahl in Strom umgewandelt, wenn doch alles fertig ist?

Das liegt an der VDE-AR-N 4110 Zertifizierungspflicht. Es ist das Prüfsiegel für Bezugs- und Erzeugungsanlagen, welche am öffentlichen Mittelspannungsnetz angeschlossen werden. Damit soll ein gesetzeskonformer Betrieb der Anlage gewährleistet werden. Ohne Zertifizierung kann die Erzeugungsanlage nicht in Betrieb genommen werden. Da unser Bürgersonnenkraftwerk auf dem Bundessortenamt eben im öffentlichen Mittelspannungsnetz angeschlossen wird, benötigen wir die VDE 4110 Zertifizierung. Da die Anlage zwischen 135 und 950 Kilowatt peak (kWp) leistet, muss ein Anlagezertifikat B beim Netzbetreiber eingereicht werden.

Wo kriegt man dieses Zertifikat her?

Ausgestellt werden die Zertifikate nur von spezialisierten Ingenieurbüros, sogenannte Zertifizierungsstellen. Diese wiederum müssen dafür von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) nach DIN EN ISO/IEC 17065 akkreditiert sein.

Warum dauert dies über ein Jahr?

Die Zertifizierungsstellen sind hoffnungslos überlastet. Gerade momentan, wo Photovoltaik boomt und viele neue Anlagen gebaut werden, fehlt es schlichtweg an Kapazitäten. Dadurch verzögert sich der Netzanschluss extrem. Dies war zwar abzusehen, unternommen wurde seinerzeit auf politischer Seite aber nichts.

Ist Besserung in Sicht?

Ja, tatsächlich gibt es eine Übergangslösung, die am 30. Juli 2022 in Kraft getreten ist: Hat der Betreiber bereits ein Auftrag zur Zertifizierung erteilt, muss die Zertifizierungsstelle das Zertifikat auf Verlangen schon ausstellen, unter der Auflage, dass die Nachweise nachgereicht werden. Die Anlage soll so schon an das Netz angeschlossen werden können, eben unter Vorbehalt. Alle erforderlichen Nachweise müssen dann unter Einhaltung der Frist von 18 Monaten nachgereicht werden. Geschieht dies nicht, wird die EEG-Vergütung nicht weiter gewährt und die Anlage ist quasi illegal. – Eigentlich eine gute Lösung, hätte sie den tatsächlichen Engpass beseitigt. Problem sind nämlich die Zertifizierungsstellen selbst, nicht die Nachweise.

So bleibt es dabei, dass wir unseren eigenen Fortschritt behindern. In Zeiten von Energiekrise und horrenden Strompreisen ist es ein Wahnsinn, dass nur alleine durch unser Projekt in Haßloch Strom verloren gegangen ist, welcher 100 Haushalte im vergangenen Jahr hätte versorgen können. Zudem steht ein solch umfangreiches Zertifikat in keinem Verhältnis zu der Größe der Anlage. 135 kWp sind sehr schnell erreicht und es erschwert die fortschreitende Energiewende massiv, da es zu enormen Verzögerungen kommt.


Hinweis: Der Artikel wurde nach Erscheinen noch überarbeitet, da die Übergangsregelung bereits in Kraft getreten ist.

Unser Bürgersonnenkraftwerk auf dem Bundessortenamt in Haßloch. Betriebsbereit seit einem Jahr, fängt es aber jetzt erst mit der Stromproduktion an, aufgrund der bürokratischen Hürden.