Es ist ein einmaliges Projekt für die Stadt, aber auch bundesweit: Ein unansehnliches Gebäude wird energetisch saniert und erhält eine moderne Energiefassade. Sie erzeugt Strom aus den in die Glasfassade integrierten PV-Modulen, der für den Betrieb der radiologischen Geräte benötigt wird.
Das Projekt soll als Leuchtturmprojekt der urbanen Energieerzeugung Schule machen und zeigen, dass Photovoltaik nicht immer auf Dächern liegen und nicht unschön aussehen muss.
Ebenso spannend wie Architektur und Technik ist die wirtschaftliche Konzeption: Bürger:innen konnten Module erwerben. Sie erhalten für den in das Netz der Stadtwerke Marburg eingespeisten Strom eine Vergütung, die höher ist als im Erneuerbare-Energien-Gesetz garantiert. Die Stadtwerke verkaufen den Strom an das radiologische Zentrum. So wird die Anlage finanziert, die etwa drei Millionen Euro gekostet hat.
Bei der Einweihung ging es nach kurzer Besichtigung des Gebäudes in das Konferenzzentrum auf der anderen Lahnseite. Dort lobte Bürgermeisterin Nadine Bernshausen das Projekt: „Ich bin Herrn Professor Bien, den Stadtwerken Marburg und dem Verein Sonneninitiative sehr dankbar für dieses gelungene Leuchtturmprojekt. Zentral am Bahnhof gelegen, demonstriert es eindrucksvoll den Schwerpunkt Klimaschutz, zu dem sich die Stadt Marburg verpflichtet hat.“
Auch der Leiter der Landesenergieagentur Hessen, Dr. Karsten McGovern, fand nur anerkennende Worte: „Zwar kommt sicher nicht jedes Gebäude für gebäudeintegrierte Photovoltaik in Frage, doch hier sehen wir, was alles geht!“ Der Geschäftsführer der Stadtwerke Marburg, Holger Armbrüster, findet die Partnerschaft, über die das Projekt realisiert werden konnte, vorbildlich: „Die Energiewende kann nur gemeinsam gelingen. Die Stadtwerke Marburg sind immer bereit, neue Wege zu gehen und dazu mit kompetenten Partnern zusammen zu arbeiten.“
Christian Quast vom Verein Sonneninitiative erläuterte in einem kurzen Vortrag das Zustandekommen des Projekts, das seit 2019 geplant und von Dezember 2020 bis April 2021 gebaut wurde. Solararchitekt Hagen Plaehn zeigte danach viele Bilder von der Baustelle und führte sehr plastisch in das „Abenteuer bauen“ in Corona- und Kriegszeiten ein.
Das Projekt wird von Plaehn und Quast bei verschiedenen Energie- und Architekturpreisen eingereicht. Die Fachpresse für Photovoltaik schreibt schon jetzt begeistert. Stadtwerke Marburg und Verein Sonneninitiative freuen sich, denn es wird ein vollkommen neues Segment erneuerbarer Energien entstehen: schicke, moderne Energieerzeugung mitten aus der Innenstadt – mit einem Leuchtturmprojekt in Marburg.
Professor Bien, Neuroradiologe und Betreiber des Radiologischen Zentrums, ist begeistert: „Neben der Wiederverwendung der Abwärme der radiologischen Geräte ist die Energieerzeugung der zweite Baustein, die Klimawirkung der Geräte zu reduzieren.“ Solararchitekt Hagen Plaehn denkt schon weiter: „Jetzt müssen wir noch die beiden Dachgeschosse sanieren. Ich zeichne schon!“
Die Einweihung fand am Freitag, 8. Juli 2022, um 15 Uhr statt.