Netzanschluss: Ungenutzte Kapazitäten

Deutschland sitzt auf einem riesigen Schatz ungenutzter Kapazitäten für den Netzanschluss von Erneuerbaren-Kraftwerken.

Der Netzausbau in Deutschland kommt derzeit nur schleppend voran, immer häufiger haben Projektierer von Erneuerbaren-Energien-Anlagen Schwierigkeiten, einen freien Punkt (sog. Netzverknüpfungspunkt, NVP) für den Netzanschluss zu finden. Das bremst den Ausbau der Erneuerbaren erheblich, führt zu Kostensteigerungen und kann besonders bei kleineren Photovoltaik- und Windkraftprojekten das Aus bedeuten.

Erneuerbare Energien-Anlagen sind an Netzverknüpfungspunkten an das Stromnetz angeschlossen. Sie bestehen unter anderem aus einem Trafo, Schalt- sowie Mess- und Steuereinrichtungen zur Überwachung des Stromflusses. Diese Punkte können eine bestimmte Menge elektrischer Energie transportieren, von mehreren Megawatt bis hin zu einigen Gigawatt.

Aufgrund des derzeitigen Rechtsrahmens ist die Auslastung von NVP nur gering. Denn jede angeschlossene Anlage muss zu jedem Zeitpunkt 100 Prozent ihrer Leistung einspeisen können. Da die Energieproduktion von Photovoltaik- und Windenergieanlagen schwankt, speisen diese meistens nicht zeitgleich mit ihrer vollen Leistung ein. Die durchschnittliche Nutzung eines NVP innerhalb eines Jahres liegt bei der Photovoltaik bei 13% und bei modernen Windenergieanlagen bei 33%. Durch die gemeinsame Nutzung von NVP ließe sich die Ausnutzung auf 53 Prozent steigern.

Das zeigt eine Untersuchung der möglichen gemeinsamen Nutzung von Netzverknüpfungspunkten, die der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) durchgeführt hat.

Mit dieser Studie zur effizienteren Nutzung von NVP hat der BEE jetzt einen Vorschlag zur größtmöglichen Beschleunigung des Netzanschlusses vorgelegt. BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter: „Mit einem schnelleren Anschluss wird ein wichtiger Puffer geschaffen, da der Netzausbau dem Ausbau der Erneuerbaren bislang nicht nachkommt.“

Der Vorschlag des BEE sieht vor, künftig mehrere Erneuerbare-Energien-Anlagen, Speicher und Anlagen zur Sektorenkopplung gemeinsam an einen NVP anzuschließen. Dabei wird mehr Leistung angeschlossen, als der NVP eigentlich transportieren kann. „Die Auslastung der einzelnen Punkte lässt sich damit teilweise um ein Vielfaches steigern“, so Peter. „Es bleibt sogar noch genügend Kapazität frei, um auch Back-up-Kraftwerke, wie beispielsweise flexible Biogasanlagen oder Wasserkraftwerke, an den NVP anzuschließen.“

Überschüsse (es wird mehr Energie produziert als der NVP übertragen kann), treten nur selten auf. „Überschüsse sind dabei sogar von Vorteil, denn sie reizen den Bau von Speichern und Sektorenkopplungstechnologien zur weiteren Nutzung des Ökostroms an. Unsere Vorschläge haben damit positive Effekte für alle Akteure der Energiewirtschaft: Projektierer, finanzierende Banken, Netzbetreiber, steuerbare Erzeugungsanlagen und Speicher, Industrie und Volkswirtschaft“, so Peter. „Eine Win-Win-Win-Situation.“

Die rechtliche Umsetzung ist einfach: „Minimale Anpassungen zweier Paragraphen im EEG könnten den Netzanschluss maximal beschleunigen und Einsparpotenziale in Milliardenhöhe freilegen”, so Peter. „200 Akteure aus der gesamten Energiewirtschaft unterstützen die Vorschläge des BEE. Das zeigt, wie dringend der Handlungsbedarf ist, und wie groß die Vorteile für alle Beteiligten sind. Die Bundesregierung sollte die gemeinsame Nutzung und Überbauung von Netzverknüpfungspunkten daher noch in diesem Jahr umsetzen.“


Mehr dazu:

iee.fraunhofer.de/ungenutzte-kapazitaeten-fuer-netzanschluss-von-erneuerbaren
bee-ev.de/netzverknuepfungspunkte-studie