Mieterstrom: Das Fördergesetz funktioniert nicht

Millionen Mietwohnungen sollten mit Solarstrom vom Dach versorgt werden - das war das Ziel eines Fördergesetzes von 2017. Doch das Ziel wurde weit verfehlt.

Laut einer vom Bundeswirtschaftsministerium 2017 in Auftrag gegebenen Prognos-Studie sollten bis zu 3,8 Millionen Mietwohnungen in Deutschland mit Photovoltaik-Mieterstrom versorgt werden können, 18 Prozent der Mietwohnungen in Deutschland. Neben der Bedeutung für die Klimabilanz wurde beim Mieterstrom auch die soziale Komponente hervorgehoben, denn ohne Netzentgelte und Konzessionsabgaben ist der Strom für die Verbraucher günstiger als der aus Stromnetzen.

Das Mieterstromgesetz sollte Anreize schaffen, Photovoltaikanlagen auf Mietshäuser zu bauen. Doch die Bilanz nach zwei Jahren ist ernüchternd: Bis Juli 2019 gab es laut Bundesnetzagentur nur 700 Anlagen in Deutschland, die Mieter mit Strom vom eigenen Dach versorgten. Nur 1,5 Prozent des Förderpotenzials wurden bislang ausgeschöpft.

Das Gesetz verlangt, dass Vermieter, die Photovoltaik-Strom an Mieter verkaufen, zu einem Energieversorgungsunternehmen werden - mit allen steuer- und energierechtlichen Pflichten, wie sie Konzerne wie E.ON haben. Paragrafen-Wirrwarr, Handelsregisterauszug, Organigramm, Gewerbezentralregister-Auszug, Jahresabschluss-Eröffnungsbilanz, Führungszeugnis, Schufa-Auskunft – bürokratische Hürden, die für viele Vermieter unüberwindbar sind.

Gerd Heilscher, Experte für regenerative Energien an der Technischen Hochschule Ulm, ist vom Scheitern des Gesetzes nicht überrascht: „Die Bedingungen, unter denen ich Mieterstrom momentan realisieren kann, sind nicht so, dass die Mieter oder die Vermieter davon profitieren können.“ Nötig seien einfachere Verfahren für die Vermieter, um das Potenzial nutzen zu können.

Heilscher rechnete aus, wie viel CO2 hätte eingespart werden können, wenn das volle Potenzial des Gesetzes ausgeschöpft worden wäre. In den ersten zwei Jahren (Juli 2017 bis Juni 2019) wären es rund 500.000 Tonnen gewesen. Es wurden aber nur etwa 5300 Tonnen eingespart – etwa ein Prozent von dem, was möglich gewesen wäre.

Für den Klimaschutz habe man durch „das schlechte Mieterstromgesetz“ wertvolle Zeit verloren, sagt Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. „Wir müssen die Energiewende wieder in Schwung bringen und dazu gehört auf jeden Fall ein deutlich attraktiveres Mieterstromgesetz und dazu gehört auch, dass bei jedem neuen Gebäude, das errichtet wird, ein Solardach Pflicht wird.“

Auch der Verein hat Erfahrungen mit dem Mieterstromgesetz gemacht. Gerne setzen wir solche Projekte um, benötigen aber dazu einen Dienstleister zur wirtschaftlichen Abwicklung mit den Mietern vor Ort. Solche Projekte sind leider sehr aufwendig und komplex. Zudem auch durch das neue EEG nicht immer wirtschaftlich. Zusätzlich sind die gesetzlichen Größenbeschränkungen und zu geringe Mieterstromzuschläge eher hinderlich als förderlich. Hier muss vom Gesetzgeber dringend nachgebessert werden.

Im Herzen von Frankfurt hat der Verein eine große PV-Anlage auf einem Mietshaus errichtet.

Leider können durch die vielen Hindernisse, die das Mieterstromgesetz mit sich bringt, nicht alle Mieter*innen mit Sonnenstrom beliefert werden.

Stattdessen hat der Verein mit so vielen Mieter*innen wie möglich Verträge über eine Direktlieferung abgeschlossen.