Europa-Klima

Die Europäische Union verpasst es, sich auf Klima-Folgen vorzubereiten.

Die europäischen Strategien und Anpassungsmaßnahmen hielten nicht mit den sich rasant verschärfenden Risiken Schritt, teilt die Europäische Umweltagentur (EEA) zur Bewertung des Klimarisikos für Europa mit. Viele Maßnahmen benötigen einen langen Zeitraum, um zu greifen.

„Um die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften sicherzustellen, müssen die europäischen und nationalen politisch Verantwortlichen jetzt handeln, damit die Klimarisiken sowohl durch rasche Emissionssenkungen als auch durch entschlossene Anpassungsstrategien und -maßnahmen verringert werden“, sagt EEA-Exekutivdirektorin Leena Ylä-Mononen. Europa ist laut EEA der sich am schnellsten erwärmende Kontinent. Seit den 1980er-Jahren war die Erwärmung auf dem europäischen Festland etwa doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt.

In dem vorgestellten Bericht benennen die Forscher 36 große Klimarisiken: Auswirkungen wie Dürre, Hitze und Überschwemmungen, Brände und finanzielle Folgen. Insgesamt fünf große Bereiche, in denen die Klimaentwicklungen existenzielle Bedrohungen darstellen: Ökosysteme, Ernährung, Gesundheit, Infrastruktur, Wirtschaft und Finanzen.

„Insbesondere anhaltende und weiträumige Dürren stellen eine erhebliche Bedrohung für die Erträge, die Ernährungssicherheit und die Trinkwasserversorgung dar“, teilt die EEA mit. Nach Einschätzung des Deutsches Wetterdienstes werden Wetterextreme mit der anhaltenden Erderwärmung weiter zunehmen. Im Juli 2021 kam es in Teilen Deutschlands zu heftigen Unwettern. Am schlimmsten waren Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz betroffen: Dort starben mehr als 190 Menschen. Die Flut verursachte Sachschäden in Milliardenhöhe.

Hitze sei das größte und dringendste Klimarisiko für die menschliche Gesundheit, sagen die Forschenden. Besonders gefährdet sind demnach Menschen, die im Freien arbeiten, ältere Menschen und Personen, die in schlecht isolierten Wohnungen oder in städtischen Gebieten mit starkem Wärmeinseleffekt leben. In Südeuropa entstehe durch Hitze und Dürren zudem ein erhebliches Risiko für die Energieerzeugung und -übertragung.

Auch das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem sei betroffen, so die EEA. Klimaextreme könnten beispielsweise zur Erhöhung von Versicherungsprämien führen, Vermögenswerte und Hypotheken gefährden und höhere Ausgaben und Kreditkosten für den Staat nach sich ziehen.

Viele der identifizierten Klimarisiken in Europa haben bereits ein kritisches Niveau erreicht. Bei mehr als der Hälfte (21 von 36) benötige es unverzüglich mehr Engagement und Handlungstempo – acht der Risiken seien sogar „besonders dringlich“. Ökosysteme, die Menschen vor Hitze schützen, müssten erhalten bleiben. Gleichzeitig müssten Menschen und Bauwerke vor Überschwemmungen und Waldbränden geschützt werden.

„Wenn jetzt nicht entschieden gehandelt wird, könnten die meisten der festgestellten Klimarisiken bis zum Ende dieses Jahrhunderts ein kritisches oder katastrophales Ausmaß erreichen“, heißt es im Bericht. „Hunderttausende von Menschen würden durch Hitzewellen sterben, und allein die wirtschaftlichen Verluste durch Überschwemmungen an den Küsten könnten mehr als eine Billion Euro pro Jahr betragen.“

Wirksame Anpassungsmaßnahmen sowie verstärkte gesellschaftliche Vorsorgemaßnahmen könnten dazu beitragen, die negativen Auswirkungen in Zukunft zu begrenzen oder zu verringern. Um die Klimarisiken in Europa anzugehen, müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten laut der EEA-Bewertung zusammenarbeiten und auch die regionale und lokale Ebene einbeziehen. Ylä-Mononen: „Dies ist also die neue Normalität. Und es sollte ein Weckruf sein, der letzte Weckruf.“

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