Enthaltung ist keine Haltung

Soll sich Deutschland in der EU-Taxonomiefrage enthalten? Kein Privatinvestor steckt mehr Geld in Atomkraftwerke. Warum? Wegen des Atommülls? Nein! Wegen Tschernobyl oder Fukushima? Nein! Sondern weil Kernkraft sich nicht rentiert.

Die EU-Kommission plant, Investitionen in Atomkraft und Erdgas im Rahmen der EU-Taxonomie als nachhaltig einzustufen., das unterläuft den European Green Deal. Denn so könnten Milliarden an Investitionen in veraltete, hochriskante und klimaschädliche Technologien fließen. Die Nutzung der Atomkraft ist hochgefährlich, sehr teuer, nicht versicherbar und aufgrund der ungelösten Endlagerfrage nicht nachhaltig. Erdgas ist durch die CO2- und Methanemissionen klimaschädlich und damit eine Sackgasse.

Nur Regierungen fördern noch Atomenergie, aus ganz anderen Gründen als der Rentabilität: Um Material für Atomwaffen zu bekommen oder Prestigesucht. Atomstrom kostet schon heute viel mehr als der Strom von Sonne und Wind, Tendenz steigend. Nur wenn Steuerzahler für mögliche Schäden haften, werden noch AKW gebaut, wie im britischen Hinkley Point. Dort hat die Regierung den Betreibern auf 30 Jahre die Strom-Abnahme zum Doppelten des Marktpreises zugesichert (müsste das GAU-Risiko privat versichert werden, würde die Kilowattstunde 67 Euro teurer werden, so eine Berechnung von 2011).

Mehr als 220.000 Deutsche haben innerhalb von vier Tagen den Eil-Appell „Nein zu Atom und Gas“ unterschrieben. Sie sprechen sich damit gegen die Pläne der EU-Kommission aus, Atomenergie und Erdgas in die Liste der nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten aufzunehmen. Sie dringen darauf, dass die Bundesregierung nicht nur im Ministerrat die EU-Pläne ablehnt, sondern auch notfalls vor den Europäischen Gerichtshof zieht.

Die Pläne der EU-Kommission bedrohen die Energiewende, weil Investitionen statt in erneuerbare Energien in fossile und atomare Technologien umgelenkt werden. Sie gefährden auch den Grundgedanken der Taxonomie als eine Art Nachhaltigkeitslabel. Wenn auch klimaschädliche und hochriskante Energieträger als nachhaltig gelten, wird das ganze Label entwertet – das hätte eine fatale internationale Signalwirkung. Nachhaltige Geldanlagen brauchen einheitliche Regeln. Diese sollte die Taxonomie liefern, statt Greenwashing zu ermöglichen.

Den Etikettenschwindel der EU darf die Bundesregierung nicht mitmachen. Nur mit einem Nein gegen Atomkraft und Gas in der EU-Taxonomie bleibt Kanzler Olaf Scholz glaubwürdig. Statt in veraltete „Dinosaurier“-Technologien zu investieren, braucht es Investitionen in wirklich nachhaltige erneuerbare Energien.

Die Haltung von Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner bei der EU-Taxonomie ist ein ernster Test für die neue Regierung: Steht die Regierung in Fragen der Nachhaltigkeit für einen echten und von der Bevölkerung erwarteten Aufbruch, oder gibt es mit ihr ein „Weiter so“ nach Art der alten GroKo. Jeder Euro für Atomstrom fehlt uns am Ende beim echten Klimaschutz.


Quellen:

bund.net/sbuendnis-appell-zur-eu-taxonomie-nein-zu-atom-und-gas

aktion.campact.detaxonomie/teilnehmen
germanwatch.org/de/84713
duh.de/eu-taxonomie-ueber-220000-gegen-gruenes-atom-und-gas-label

 

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