Das neue Waldsterben

Unser Wald stirbt – schon wieder. Der Klimawandel nimmt uns unser geliebtes und wichtiges Kulturgut.

In Deutschland gibt es über 11 Millionen Hektar Wald, rund 90 Milliarden Bäume. Das entspricht etwa 32 Prozent der Landfläche Deutschlands. In den 1980er Jahren kam es zum Zusammenbruch, viele Bäume starben, das Entsetzen war groß.

Zwar konnten durch die konsequente Luftreinhaltepolitik der 80er und 90er Jahre wichtige Schadstoffe wie Schwefeloxid und Stickstoffoxide drastisch reduziert werden, der „saure Regen“ wurde eingeschränkt. Jedes Kohlekraftwerk hat jetzt eine Entschwefelungsanlage, jedes Auto einen Katalysator. Doch der Wald stirbt schon wieder.

„Waldsterben II“ nennen Umweltschützer das, was derzeit in den deutschen Forsten passiert. Seit Beginn der Serie von Trockenjahren, seit 2018, sind die Bäume auf rund fünf Prozent der Waldfläche abgestorben, vor allem wegen Dürren, Schädlingsbefall und Sturmwurf.

Hitzestress und Wassermangel

Zwei Freiburger Forstwissenschaftler, die Professoren Hans-Peter Kahle und Heinrich Spiecker, haben jetzt eine Langzeitstudie über den Einfluss von Klimaveränderungen auf die Bäume im Schwarzwald vorgelegt. Sie zeigt: Klimafolgen wie trockene und heiße Sommer reduzieren das Wachstum der Bäume und erhöhen die Absterberate, da sie die „Wasserbilanz“ negativ beeinflussen – also die Differenz zwischen Niederschlag und Verdunstung. Es wurde über viele Jahrzehnte, mit Schwankungen, aber doch deutlich messbar, immer trockener. Die Studienergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Global Change Biology“ erschienen.

Die Daten zur Wasserbilanz zeigen kontinuierlich rückläufige Werte, wobei die Experten eine gewisse Regelmäßigkeit im Auftreten von kühl-feuchten und warm-trockenen Perioden feststellten. Diese wiederholten sich etwa alle 14 Jahre. „Es gab, sozusagen, immer sieben magere und sieben fette Jahre“, sagt Kahle. Allerdings waren im Zeitverlauf die kühl-feuchten Perioden zunehmend schwächer und die warm-trockenen Perioden zunehmend stärker ausgeprägt.

Während in den 1980er Jahren maximal zwölf Prozent des jährlichen Holz-Zuwachses durch abgestorbene Bäume wegfielen, ist die Absterberate nach den extrem trockenen Sommern 2018 bis 2020 auf mehr als 40 Prozent angestiegen. Laut den Experten erreichte die „Mortalität“ der Bäume 2019 einen Spitzenwert, nämlich mehr als das Siebenfache der durchschnittlichen Absterberate im Zeitraum zwischen 1953 und 2017.

Kahle glaubt, dass der Einfluss des Klimawandels auf den Wald auch in anderen Regionen groß ist, „nicht nur im Schwarzwald, wo wir besonders gute Daten dafür haben“. Die Bäume litten überall, wo der Niederschlag gesunken oder gleichgeblieben ist, während die durch die globale Erwärmung angestiegene Lufttemperatur die Verdunstung erhöht, sich unterm Strich also weniger Wasser im Boden befindet. Dabei ist der Schwarzwald aktuell gar nicht einmal die Region mit den stärksten Waldschäden bundesweit. „Es gibt andere Gebiete, in denen ist es noch dramatischer, zum Beispiel in NRW, Niedersachsen und Thüringen.“

„Wir müssen etwas tun, denn wenn die Bäume schneller absterben als etwas nachwächst, kann das nicht lange gutgehen“, sagt Kahle. Ein Übergang von Nadelholz-Monokulturen zu Mischwäldern sei angezeigt, da sie mit dem veränderten Klima besser zurechtkommen.

Vor allem aber müssen wir dem Klimawandel entgegentreten, mit einer konsequenten Energiewende, also einem rasanten Ausbau der erneuerbaren Energien. Daran führt kein Weg vorbei, nicht für uns Menschen und nicht für unseren Wald.

Um den deutschen Wald ist es schlecht bestellt.

Monokulturen und Klimawandel setzen dem Wald mehr zu, als der Schwefelausstoß in den 80er Jahren.