Atomkraft am Ende

Seit 15. April 2023 ist Atomstrom in Deutschland Geschichte – ein klarer Etappensieg für die erneuerbaren Energien, doch das Ziel ist noch nicht erreicht.

  • Christian Quast, Vorsitzender des Vereins Sonneninitiative: „Als wir 2002 die Sonneninitiative gestartet haben, hatte Photovoltaik einen Anteil von unter 0,01% an der deutschen Stromproduktion, Atomstrom lag bei 30%. Heute liegt die Photovoltaik bei 11% und Atom bei 0%. Genau dafür stehen wir jeden Morgen auf.“

 

Die Zweifel an der Sicherheit und Wirtschaftlichkeit von Atomkraftwerken sind heute noch berechtigter als bisher. Eine Untersuchung des Analyse-Instituts Enervis (im Auftrag von Greenpeace und Green Planet Energy) zeigt, dass die Wirkung des sogenannten Streckbetriebs für drei deutsche AKW nur eine vernachlässigbar kleine Auswirkung hatte. Und die letzte periodische Sicherheitsüberprüfung der deutschen Atomkraftwerke ist 14 Jahre her, eine weitere ist laut Atomgesetz seit vier Jahren überfällig – Glück gehabt!

Die Stromversorgung in Deutschland war im vergangenen Winter auch ohne Atomkraftwerke, die ursprünglich Ende 2022 vom Netz gehen sollten, jederzeit gesichert. Die ohnehin nicht mehr voll leistungsfähigen nahezu verbrauchten Brennelemente mussten im sogenannten Streckbetrieb so eingesetzt werden, dass die drei verbliebenen AKW auch tatsächlich bis Mitte April Strom liefern können.

Dadurch produzierten sie zwischen November 2022 und April 2023 rund 30% weniger als im Vergleichszeitraum der letzten fünf Jahre. „Die ohnehin gedrosselte Stromerzeugung der drei Reaktoren hätte zu jeder Zeit durch verfügbare Gaskraftwerke ersetzt werden können“, so Enervis-Studienleiter Tim Höfer.

Das Ziel, durch den AKW-Weiterbetrieb nennenswerte Mengen an knappem Erdgas einzusparen, hat sich nicht erfüllt: Insgesamt sank dadurch der Erdgasverbrauch um 2,2 Terawattstunden, was nur etwa 0,3% des bundesweiten Gasverbrauchs entspricht. Heinz Smital, Atomenergie-Experte bei Greenpeace: „Sparsamer Umgang brachte 23 Prozent weniger Gasverbrauch bei der Industrie und 21 Prozent bei Haushalten. Das ist mehr als das 60-fache dessen, was man durch Atomkraftwerke erreicht hat.“

Noch geringer ist der Einfluss der Laufzeitverlängerungen auf die Strompreise. Diese gingen im Winter – bei einem durchschnittlichen Preis im Kurzfristhandel von 235 Euro pro Megawattstunde (MWh) – lediglich um 2 Euro pro MWh zurück, im Jahr 2022 stiegen sie sogar leicht um 0,2 Euro pro MWh.

Der Ausbau der Erneuerbaren, Einsparungen und Effizienz sind die Zukunft, eine Diskussion über weitere Laufzeitverlängerungen ist sinnlos. Der Blick ins europäische Ausland zeigt, dass Atomkraft teuer und unzuverlässig ist. Frankreich mit seiner Abhängigkeit von Atomenergie leidet darunter, dass die Atomtechnik gerade gegenüber der Erderwärmung nicht widerstandsfähig ist: Warme Flüsse mit niedrigem Wasserstand können die dortigen Anlagen nicht kühlen, Reaktoren müssen deswegen heruntergefahren werden. Ergo: Frankreich importiert Strom – aus Deutschland.

Atomstrom in Deutschland ist Geschichte (Atommüll ist jedoch noch lange nicht Geschichte). Die Lösung sind erneuerbare Energien. Die sind klimafreundlich, zuverlässig, günstig, lassen sich im eigenen Land produzieren, schaffen Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Gesundheit. Langfristige Abhängigkeiten wie von Uran, Kohle und Gas entfallen. Das ist der einzig sinnvolle Weg in die Energiezukunft, weiter so!

 

Mehr dazu:

https://www.greenpeace.de/publikationen/20230414_greenpeace_analysepapier_streckbetrieb_enervis.pdf
https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/atomausstieg/ende-atomkraft