Energieautarke Schule – Deutschlands Erste im Rückblick

Solarstrom vom Schuldach, Wärme aus Biogas: Als erste deutsche Schule hat die Gesamtschule Ebsdorfer Grund in Heskem (Landkreis Marburg-Biedenkopf) schon vor Jahren dieses Konzept gemeinsam mit dem Kreis, engagierten Bürgern und dem Verein Sonneninitiative erfolgreich realisiert.

Die Verabschiedung des Schulleiters Lothar Potthoff in den Ruhestand nehmen wir zum Anlass, um auf dieses beispielgebende Projekt zu blicken. Potthoff, der zwanzig Jahre lang die Schule leitete, war maßgeblich am Zustandekommen dieses Klimaschutzprojekts beteiligt.

Engagierte Bürger haben über eine Million Euro investiert, um Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 264 Kilowatt (kWp) auf den Dächer der Schule zu installieren. Das ist so viel Strom, dass damit 80 durchschnittliche Haushalte versorgt werden könnten.

Energieversorgung ist Zukunftsaufgabe

Bei einem Ortstermin Anfang November 2007 stellte der damalige Landrat Robert Fischbach die Planungen des Kreises zusammen mit dem Schulleiter, der Gemeinde Ebsdorfergrund, der EON und dem Verein vor. „Die Versorgung der Region mit selbst erzeugter Energie ist für den Landkreis Marburg-Biedenkopf eine der vordringlichen Zukunftsaufgaben“, sagte Fischbach. Dabei  stehe nicht allein der Klimaschutz im Mittelpunkt, sondern langfristig auch Energiekosten und die Versorgungssicherheit.

Die Gesamtschule war bereits an die Bioenergieanlage in Mölln angeschlossen, die gerade ihre Produktion aufnahm. Von dort bezieht die Schule ihren gesamten Wärmeverbrauch. Als nächstes sollte die Versorgung mit Elektrizität in Angriff genommen werden, mittels Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Schule. Der Kreis stellt dazu die Dächer der Schule dem Verein zur Verfügung, der die Initiierung des solaren Bürgerprojekts übernahm.

Direkteinspeisung in die Schule

Eine Besonderheit und ein Novum des Projekts war die Zielsetzung den Sonnenstrom direkt in das Hausnetz der Schule einzuspeisen. Nur Überschüsse gehen ins öffentliche Stromnetz. Die kaufmännisch-bilanzielle Abrechnung der Stromvergütung findet mit dem Energieversorgungsunternehmen EON statt.

Bei heutigen Bürgersolarprojekten des Vereins findet eine Direktlieferung mit Abrechnung mit dem Gebäudenutzer statt. Nach gesetzlichen Änderungen im EEG verfolgt der Verein dieses Konzept, da es einträglicher und flexibler für teilnehmende Bürger und Gebäudenutzer ist. (>>mehr)

Bereits im Dezember 2007 waren die ersten beiden Bürgersonnenkraftwerke in Betrieb, auf der Turnhalle und der neuen Sporthalle. 2008 kamen drei weitere hinzu, 2011 nochmal zwei, insgesamt sind es sieben.

Technisches Neuland

Ein Teil der Anlage wurde zwischenzeitlich demontiert und wieder neu errichtet, da ein Dach eine neue Wärmedämmung erhielt. Auch mussten einige Wechselrichter umgebaut werden, wegen Auflagen zum Brandschutz. Viele technischen Vorgaben in Zusammenhang mit Photovoltaik waren Neuland, sowohl für den Verein als auch für die Kommune und die ausführenden Unternehmen. Doch aus Erfahrung lernt man, sowas passiert schon lange nicht mehr.

100-Prozent-Versorgung

Die Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern decken nun den gesamten Strombedarf der Schule durch klimafreundlichen Sonnenstrom. Mit diesem Projekt wird gezeigt, dass eine 100-Prozent-Versorgung mit erneuerbaren Energien in der Praxis möglich ist. Fast 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom haben die Anlagen bisher erzeugt und damit der Atmosphäre rund 870 Tonnen Kohlendioxid erspart (Stand Mitte Oktober 2015).

Beispiel macht Schule

Viele Landkreise haben in den letzten Jahren diesen Trend erkannt und Dächer dutzender Schulen für Bürgersonnenkraftwerke zur Verfügung gestellt. Auch Deutschlands größte allgemeinbildende Schule, die Kopernikus-Schule im Main-Kinzig-Kreis, ist dabei. Auch bei ihr sind alle umsetzbaren Dachflächen mit Solarmodulen belegt.

Die Gesamtschule Ebsdorfer Grund, die Anfang 2015 beim Landeswettbewerb „Starke Schule“ den ersten Platz erreichte, hat ein „starkes“ Zeichen gesetzt: Die dezentrale und nachhaltige Energieversorgung funktioniert. Der Verein steht als Kooperationspartner für derartige Projekte auch zukünftig jederzeit zur Verfügung.

Ein herzlicher Dank gebührt Lothar Potthoff: Danke, dass Du dich so sehr für das Projekt eingesetzt hast, welches Deine Schule auch noch lange nach Deinem Ausscheiden aus dem Schuldienst zu einem Vorbild macht. Der Verein wünscht Dir einen angenehmen Ruhestand, viel Zeit für Deine Enkel und Deine sportlichen Ambitionen als Fußballtrainer, und natürlich viel Sonne – für Dich und Deine ehemalige Schule in Heskem.

Deutschlands erste energieautarke Schule in Heskem.

(v.l.n.r.) Teilnehmer Sabine Zehender und Wilhelm Lotz, Matthias Stepanek (Leiter EON Mitte Marburg), Schulleiter Lothar Potthoff, Andreas Schulz (Bürgermeister Ebsdorfergrund), Landrat Robert Fischbach, Volker Klös (Sonneninitiative).