Zeitalter des Elektrons

Der Fortschritt bei den erneuerbaren Energien führt zu einer völlig neuen Energienutzung.

Grünstrom könnte langfristig drei Viertel der globalen Energienutzung ausmachen. Strom als bisher teuerster Energieträger deckt bisher nur 20 Prozent des Weltenergiebedarfs – so eine Untersuchung des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Elektrizität kann in den nächsten Jahren zum billigsten Energieträger werden. Das bedeutet eine grundlegende Umkehrung der Anteile am Energieverbrauch von fossilen Brennstoffen zu nachhaltigem Grünstrom. Gleichzeitig müsste man sich weniger um zweifelhafte Technologien zur Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre kümmern.

PIK-Forscher Gunnar Luderer, Professor an der Technischen Universität Berlin: „Heutzutage werden 80 Prozent des gesamten Energieverbrauchs für Industrie, Verkehr und Gebäudewärme durch die direkte Verbrennung fossiler Energie und nur 20 Prozent durch Strom gedeckt. Unsere Forschung zeigt, dass sich dieses Verhältnis fast umkehren lässt, so dass die sehr einfach klimaneutral zu erzeugende elektrische Energie zur Hauptstütze der globalen Energienachfrage wird.“

Lange Zeit waren fossile Brennstoffe billig (auf Kosten der Umwelt und der Gesundheit), während Strom der kostbarere und teurere Energieträger war. Erneuerbare Energien, besonders die Photovoltaik, sind inzwischen aber rasant billiger geworden. „Allein in den letzten zehn Jahren sind die Preise für Solarstrom um 85 % gefallen, und für die Zukunft sind weiter sinkende Kosten zu erwarten“, so Luderer. „Diese Entwicklung hat das Potenzial, die Energiesysteme grundlegend zu revolutionieren.“

Autos, Heizung, Stahlproduktion, … alles geht auch elektrisch

„Man kann mehr Endanwendungen elektrifizieren, als man denkt, und den Energieverbrauch in diesen Fällen im Vergleich zu heute sogar senken“, erklärt Silvia Madeddu, ebenfalls Forscherin am Potsdam-Institut. „Nehmen wir die Stahlproduktion: Wenn man das Schmelzen von recyceltem Stahl, dem so genannten Sekundärstahl, mit Strom macht, reduziert das die gesamte benötigte Prozessenergie und senkt die Kohlenstoffintensität pro Tonne produzierten Stahls. Alles in allem stellen wir fest, dass mehr als die Hälfte des gesamten Energiebedarfs der Industrie bis 2050 elektrifiziert werden kann.“

Die Kosten pro Kilowattstunde Solar- oder Windstrom sinken stetig, während sich die Batterietechnologie mit großer Geschwindigkeit verbessert. Wärmepumpen verbrauchen weniger Energie pro Wärmeeinheit als jede Art von fossil betriebenen Heizkesseln und werden nicht nur in Gebäuden, sondern auch bei industriellen Anwendungen immer günstiger.

Das Zeitalter der nachhaltig produzierten Elektrizität wird kommen. Von diesem technologischen Fortschritt können auch Schwellen- und Entwicklungsländer profitieren, aber auch Investoren. Um die Erderwärmung jedoch auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, ist eine entschlossene und globale politische Koordinierung von entscheidender Bedeutung, aber auch das Engagement jedes einzelnen Menschen.


Quelle:
pik-potsdam.de/studie-billiger-gruenstrom-fuehrt-in-ein-zeitalter-der-elektrifizierung