Wie schnell geht CO2-Neutralität?

Die global größten CO2-Verursacher wollen sich noch drei bis vier Jahrzehnte Zeit lassen, um die „Netto-Null“ bei den Emissionen zu schaffen. Geht das nicht schneller?

Die EU hat Klimaneutralität bis 2050 beschlossen, China als größter CO2-Emittent peilt das Jahr 2060 an. Eine Gruppe renommierter Energie-Forscher sagt, dass die Umstellung viel schneller gelingen kann. Sie fordern, den Stromsektor bis 2030 und die anderen Bereiche (wie Gebäude, Industrie und Verkehr) bis 2035 zu dekarbonisieren.

Die Klimakrise erfordere den kompletten Übergang auf eine Null-Emissions-Wirtschaft viel früher als bis Mitte des Jahrhunderts. Dies sei auch machbar, argumentieren die sieben Initiatoren, darunter auch der frühere Direktor am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Eicke Weber.

Die Initiative haben inzwischen rund 40 weitere internationale Forscher unterzeichnet, auch der Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber, und Energieexpertin Prof. Claudia Kemfert. Vorgestellt wurde die Initiative auf einer Tagung der Wüstenenergie-Initiative „Dii Desert Energy“ in Dubai.

US-Experte Tony Seba, Gründer des US-Thinktanks RethinkX: „Ein globales Energiesystem, das zu 100 Prozent mit sauberer, erneuerbarer Energie betrieben wird, ist nicht nur in den nächsten zehn bis 15 Jahren möglich, es kann auch Geld sparen, Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen, Leben retten und der Menschheit einen Vorsprung verschaffen, um einen außer Kontrolle geratenen Klimawandel zu verhindern.“

Die Experten betonen, dass sie ihren Appell auch als Unterstützung für die Klima- und Energiepläne des US-Präsidenten Joe Biden sehen. Biden hat im Wahlkampf versprochen, über vier Jahre insgesamt 2.000 Milliarden Dollar zu investieren. Die US-Stromproduktion soll bis 2035 CO2-frei sein.

Vor allem Windkraft, Photovoltaik, Energiespeicher und die Flexibilisierung des Strombedarfs müssten rasant ausgebaut werden. Es sei ökonomisch, sozial, geopolitisch und ökologisch unvernünftig, das bis 2050 hinauszuzögern. „Die Elektrifizierung wird zu einem Überfluss an billiger, sauberer, erneuerbarer Energie führen und den Wohlstand für die gesamte Menschheit steigern“, heißt es in der Erklärung.