Viel Potenzial für PV ohne Deckel

Energieunternehmen fordern Abschaffung der unsinnigen Fördergrenze für Solarstrom.

Erreicht Deutschland eine Gesamtleistung von 52 Gigawatt, soll die Förderung von Solardächern enden. Seit Monaten wird über diesen Solardeckel gestritten. Derzeit haben die Dachanlagen eine Kapazität von rund 50 Gigawatt, der Deckel wäre also bald erreicht. Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) denkt in ganz anderen Dimensionen: Um langfristig klimaneutral zu werden brauche das Land 1.000 Gigawatt Photovoltaik.

„Eine umfassende Elektrifizierung ist schließlich die Konsequenz der Klimapolitik“, sagt Robert Busch, BNE-Geschäftsführer. Strom-, Verkehrs-, Wärmesektor und Industrie müssen Wege finden, weitgehend ohne fossile Energieträger auszukommen. So hat es die Bundesregierung für 2050 vorgegeben.

Derzeit liegt der jährliche Energieverbrauch Deutschlands bei rund 2.500 Terawattstunden. Ein Viertel bis ein Drittel davon könne eingespart werden, weil elektrische Aggregate effizienter seien, so Busch. Der Energieexperte kalkuliert – optimistisch – mit einem Bedarf von rund 1.500 Terawattstunden im Jahr 2050. Dafür müsste hierzulande die Energieerzeugung der Erneuerbaren, vor allem Wind- und Sonnenenergie, etwa um das Achtfache gesteigert werden.

Viel Potenzial sieht Busch dabei für die Photovoltaik. „Es bietet sich an, einen großen Teil des Sonnenstroms an und auf Gebäuden zu erzeugen und dort direkt zu verbrauchen. Hier ist bisher viel zu wenig passiert“, sagt er. Das hätte zudem den Vorteil, dass viel elektrische Energie erst gar nicht in die Netze eingespeist werden müsste – eine große Entlastung für das Leitungssystem. Dies setzt allerdings auch Stromspeicher im großen Stil voraus – etwa Lithium-Ionen-Batterien für kürzere Zeiträume und Wasserstoff für mehrere Monate.

„Es gilt, die Kraft und die Bereitschaft zum Engagement der Bürger zu befreien, die vor Ort ihren Beitrag zur Energiewende leisten können und wollen“, sagt Busch. „Die Corona-Krise behindert dieses Denken und dieses Engagement nicht etwa, sondern bestärkt die Menschen darin.“ Diese Erfahrung macht auch der Verein bei seinen Sonnenkraftwerken.

In der Schweiz hat Roger Nordmann, Energieexperte und Abgeordneter des Nationalrats, ein Konzept entwickelt, das nach diesem Prinzip auf einen massiven Ausbau der Photovoltaik setzt. Auf deutsche Verhältnisse übertragen, würde das bedeuten, dass Gebäude aller Art jährlich 500 Terawattstunden erzeugen, die vor Ort verbraucht werden.

Weitere 500 Terawattstunden sollen Freiflächenanlagen liefern. Busch hat dabei landwirtschaftliches Terrain im Blick, wo jetzt Pflanzen für Biosprit und Biogas wachsen. Der „Erntefaktor“ bei den Energiepflanzen sei gering, erklärt Busch. Würden dorthin stattdessen Solarmodule gebaut, könne etwa 30 Mal mehr Strom pro Quadratmeter gewonnen werden. Nur knapp ein Viertel der jetzigen Flächen für Energiepflanzen werde benötigt, um 500 Terawattstunden zu erzeugen.