Strommarkt der Zukunft

Mit der Abschaltung der letzten Atom-Meiler Ende 2022 werden erneuerbare Energien weitere Funktionen im Energiesystem übernehmen, um die Stromversorgung zu gewährleisten.

Für den Ausgleich fluktuierender Stromeinspeisung kommt Speichern eine große Bedeutung zu. Wie dezentrale Energieanlagen dabei agieren können, hat das IT-Institut OFFIS im Forschungsprojekt ENERA gezeigt. Es ging um die Selbstorganisation von Energiespeichern und deren Stromeinspeisung ins Netz. Verschiedene mit Batteriespeichern ausgestattete Betriebe, kleine und große, wurden in einen Feldtest zur Erprobung sogenannter „Software-Agenten“ geschickt.

Ausgestattet mit den in die Software eingezogenen Leitplanken durften die Agenten entscheiden, wann die Batteriespeicher die geladene Energie abgeben. Es gibt keine zentrale Instanz, die jedem Speicher einen Fahrplan zuweist. Ein besonderes Kriterium ist das sogenannte „Peak Shaving“, das Glätten von Lastspitzen zu Zeiten besonders hoher Stromnachfrage. Dann ist das Einspeisen aus dem Speicher wegen der dann sehr hohen Börsenpreise für Strom besonders attraktiv.

„Solche Software-Agenten können eigenständig Entscheidungen treffen und sie lassen sich auch sehr gut steuern“, sagt Martin Tröschel, OFFIS-Co-Gruppenleiter. „Das System hat sich im Feldtest erfolgreich vollständig selbst organisiert.“

Die dezentrale Arbeitsweise der Software-Agenten sieht auch die OFFIS-Expertin Stefanie Holly bei der steigenden Zahl kleinerer Stromerzeugungsanlagen als großes Plus und als Notwendigkeit für eine gelingende Energiewende. „Zentrale Steuerungseinheiten werden bei einer zunehmenden Zahl von Stromerzeugern an ihre Grenzen stoßen“, sagt sie. „Schon heute sind Stromspeicher für viele Industriebetriebe aufgrund der zum Teil sehr hohen Netzentgelte attraktiv.“

Begrenzend auf den Ausbau des Stromnetzes und damit auf den Anstieg der Netzentgelte kann die verstärkte regionale Nutzung von Strom aus Erneuerbaren wirken. Zudem wird der Stromverbrauch künftig durch E-Autos und stromverbrauchende Wärmepumpen steigen. Das Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) hat untersucht, wie sich in verschiedenen Szenarien unter Nutzung von thermischen und elektrischen Speichern der Anteil erneuerbarer Energien in Wohnquartieren erhöhen lässt. Zwei Wohnquartiere – eines in Niedersachsen, eines in Bayern – wurden dazu komplett in Sachen Strom- und Wärmebedarf und -erzeugung vermessen, sowie die Erträge der Solarstrom- und Windenergieanlagen aus der Region.

„Im Ergebnis zeigte sich, dass man durch eine gut gewählte Betriebsführung einen sehr hohen regionalen Deckungsgrad mit erneuerbaren Energien erreichen kann, der die Marke von 80 Prozent überschreitet“, sagt Tobias Ohrdes, Leiter der ISFH-Arbeitsgruppe Elektrische Energiesysteme. Mehr als 60 Prozent des Stroms können den Simulationen nach direkt durch Photovoltaik und Wind gedeckt werden. Durch Speicher und eine intelligente Steuerung der Wärmepumpen kommen weitere 20 Prozent hinzu. Wird der Wärmepumpenbetrieb im gesamten Quartier untereinander koordiniert, erhöht sich die Versorgung um weitere vier Prozent.

Die Projekte von OFFIS und ISFH zeigen den Stellenwert digitaler Lösungen für den Strommarkt der Zukunft. Mit dem zunehmenden Anteil dezentral erzeugtem sauberen Stroms gewinnen solche Lösungen weiter an Bedeutung. Effiziente Förderungen und Kooperationen sind das Gebot der Stunde. Die Bürger sorgen für den Ausbau, die Politik muss unterstützen.

 

Quellen:
https://projekt-enera.de/enera-projektmagazin-projektkompendium/
https://isfh.de/