Deutschland war einst das Solarland Nummer eins weltweit, mit einer starken Photovoltaikindustrie. Doch das ist über zehn Jahre her. Derzeit belegt die Bundesrepublik bei der Solarstrom-Produktion nur noch Platz neun unter 47 OECD-Staaten. Länder wie Chile, die Niederlande oder Griechenland liegen davor.
In der EU ist der Ausbau der Solarenergie in den Niederlanden am weitesten fortgeschritten: Obwohl die Sonne dort mit durchschnittlich jährlich 1.790 Stunden vergleichsweise wenig scheint (Australien 2.884 Stunden), liegt das Land mit 14,9 Prozent vorne. Es folgen mit Griechenland, Ungarn, Zypern, Malta und Spanien südeuropäische, also relativ sonnenreiche Länder, meldet die Internationale Energieagentur (IEA) für 2022.
Sieht man sich die absoluten Zahlen der Solarstrom-Produktion an, sieht es ganz anders aus. Hier liegt China mit über 416.000 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr vorne, gefolgt von den Industriestaaten USA (188.300 GWh) und Japan (93.200 GWh) und dem Schwellenland Indien (92.000 GWh). Deutschland kommt in diesem Ranking immerhin noch auf Platz fünf, mit knapp 58.000 GWh, was 10,9 Prozent der Gesamtstromproduktion ausmacht.
Dass Deutschland nicht weiter vorne zu finden ist, liegt am schleppenden Zubau der Solarenergie in den 2010er Jahren. Im Jahrzehnt davor hatten wir durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz einen Boom bei der Photovoltaik. Deutsche Unternehmen wie Solarworld, Q-Cells und Centrotherm beherrschten den Weltmarkt. Dann aber bremste die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel den Zubau drastisch, der gut acht Gigawatt (GW) pro Jahr erreicht hatte, und China übernahm die globale Marktführerschaft. Auch die hiesige Photovoltaikindustrie kollabierte, rund 80.000 Jobs gingen verloren.
Nach dem Absturz auf 1,19 GW in 2014 ist der Solar-Zubau in Deutschland wieder auf gutem Kurs. Im vorigen Jahr wurden laut Bundeswirtschaftsministerium Solaranlagen mit 7,3 GW neu installiert, in diesem Jahr dürfte der bisherige Rekord von 2012 von 8,16 GW deutlich übertroffen werden. Allein im ersten Halbjahr 2023 wurde so viel Photovoltaik hinzugebaut wie im ganzen Jahr 2022. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Ersten das große Interesse der Bürgerinnen und Bürger an nachhaltiger und in der Energiekrise alternativer Stromversorgung, zweitens die Maßnahmen der Ampel-Regierung zur besseren Förderung des Solarstroms. Sie hat die Einspeisevergütung für den Ökostrom erhöht und seit Januar 2023 ist die Mehrwertsteuer beim Kauf weggefallen.
Dafür, dass der Boom nicht wieder abbricht, dürfte das neue „Solarpaket“ sorgen. Die Reform soll vor allem bürokratische Hürden abbauen. Minister Robert Habeck hat über 50 solcher Hindernisse identifiziert. Habeck hatte kritisiert, der Regelungswust habe sich zu einem „echten Investitionshemmnis“ entwickelt. Die Reform soll im Herbst im Bundestag beraten werden und Anfang 2024 in Kraft treten.
Dazu Greenpeace: „Der zuletzt deutliche Ausbau der Solarenergie ist der größte klimapolitische Erfolg dieser Regierung, und es ist gut, dass die Ampel ihn mit dem Solarpaket fortschreiben will.“ Die Organisation monierte aber, die Ampel drücke sich weiter davor, eine umfassende Solarpflicht für Neubauten einzuführen. Die entsprechende Zusage aus dem Koalitionsvertrag müssten SPD und Grüne im parlamentarischen Verfahren „gegenüber der bremsenden FDP durchsetzen“.
Die Ampel kommt gut voran beim Vorhaben, die „Merkel-Delle“ beim Solarzubau wettzumachen. Zehn Jahre hat es gebraucht, sich von der Fehlentscheidung Merkels und ihrer Minister zu erholen, die die gerade in Fahrt gekommene Energiewende abwürgten. Noch nicht geschafft hat die jetzige Regierung den Wiederaufbau der deutschen Solarindustrie. Das wäre aber sehr wichtig, denn der PV-Boom sollte nicht von Modulen aus China und den USA abhängen.