Setzen, 6 – Koalition korrigiert Altmaier beim EEG2021

Der ungenügende Gesetzesvorschlag von Wirtschaftsminister Peter Altmaier wurde im Koalitionsausschuss nachverhandelt. Die geplanten drastischen Einschränkungen der Photovoltaikanlagen auf und an Gebäuden konnten etwas abgemildert werden.

Am Montag, 14. Dezember 2020, hat der Koalitionsausschuss aus CDU, CSU und SPD einige Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus dem Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums zurückgenommen. Der Bundesrat hatte die Änderungen beanstandet und auch der Koalitionspartner SPD war nicht glücklich mit dem unabgestimmten Entwurf aus dem Hause Altmaier. Nicht zuletzt hat auch der laute Protest der Erneuerbare-Energie-Verbände und der Klimabewegung dazu beigetragen, die von Altmaier geplante Verstümmelung des EEG zu so gut wie möglich zu begrenzen.

Am Donnerstag, 17. Dezember, fünf Arbeitstage vor Inkrafttreten, soll das Gesetz im Bundestag verabschiedet werden. Hoffentlich wissen die Abgeordneten dann, worüber sie abstimmen. Denn die am Montag im Koalitionsausschuss beschlossenen Änderungen sind noch nicht bekannt.

Hier, was bisher nach draußen gedrungen ist:
 

Anpassung der Ausbaupfade

Die Ausbaupfade, die dem „atmenden Deckel“ zugrunde liegen und die monatliche Absenkung der Vergütung (Degression) für neue Anlagen bestimmen, sollen im Vergleich zum bisherigen Entwurf erhöht werden. Die neuen Ausbaupfade – und damit die neue Degression – sollen erst im nächsten Jahr festgelegt werden. So lange gelten wohl die bisherigen monatlichen Absenkungen, die aufgrund des Automatismus des "atmenden Deckels" im Februar wahrscheinlich deutlich steigen werden.
 

Änderung der Ausschreibungsgrenze

Bisher war geplant, auch PV-Anlagen auf Gebäuden über 500 kWp in die Ausschreibung zu schicken und diese Grenze sukzessive bis auf 100 kWp abzusenken. Jetzt soll die Grenze zur Ausschreibungspflicht von 750 kWp erhalten bleiben. Ein neuer „Trick“ dazu ist aber nach Informationen des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) im Hause Altmaier in Planung, der die Ausschreibung „von hinten“ wieder ins Boot holt:

Anlagen ab 300 kWp Leistung sollen ab 1.4.2021 nur noch dann eine Marktprämie für jede ins öffentliche Stromnetz eingespeiste Kilowattstunde Solarstrom erhalten, wenn sie zuvor erfolgreich an einer Auktion teilgenommen haben. Bis zu 750 kWp soll es auch die Alternative geben, maximal 50 Prozent des erzeugten Solarstroms ohne Auktionsteilnahme vergütet zu bekommen.

Gerade dieses Verhalten des Wirtschaftsministeriums, vorne herum tolle Änderungen anzukündigen und hintenherum auf bürokratischem Wege wieder ad absurdum zu führen, wird von vielen heftig kritisiert. Siehe dazu die Stimmen unten.
 

Keine Smart-Meter-Pflicht für Ü20-Anlagen

Die Pflicht zum Einbau intelligenter Messsysteme für Anlagen, die aus der 20-jährigen Förderung laufen, soll wohl fallen. Damit wäre der wirtschaftliche Weiterbetrieb für solche Ü20-Anlage einfacher als bisher geplant.
 

Eigenverbrauch ohne EEG-Umlage für Kleiner-30-kWp-PV-Anlagen

Anlagen unter 30 kWp sollen beim Eigenverbrauch vollständig von der EEG-Umlage befreit werden. Ob das nur neue Anlagen betrifft oder auch für die Lieferung an Dritte gilt, ist noch nicht heraus.
 

Entbürokratisierung des Mieterstroms

SPD Energiepolitiker Timon Gremmels möchte durch Entbürokratisierung den „Mieterstrom zum Fliegen“ bringen. Ein Quartiersansatz sei in Planung, die Anlagenzusammenfassung werde reformiert und die Gewerbesteuerbefreiung folge „in einem nächsten Schritt“. Ob der Mieterstrom dadurch das Fliegen lernt? Vielleicht ist der Vogel schon längst tot und man sollte ein echtes, diskriminierungsfreies „Recht auf Sonne“ zum Grundrecht machen.

Nach Ansicht des Vereins hat der Koalitionsausschuss die bisherige Note 6 (ungenügend) für das EEG2021 auf 5 (mangelhaft) ändern können. Für ein „bestanden“ reicht das leider noch nicht.

 


Stimmen zum Koalitionskompromiss

Die SPD bejubelt die erreichten Änderungen. Andere sehen das nicht ganz so.

Grüne

„Der Wirtschaftsminister hat diverse bürokratische Gemeinheiten in den Gesetzentwurf geschrieben, die die SPD jetzt rausverhandelt hat. Dafür haben sie Zugeständnisse bei großen Industriekonzernen gemacht, die jetzt keine hohen Nachzahlungen zur Finanzierung der Energiewende leisten müssen.“ (Fraktionsvize Oliver Krischer)

Bundesverband Solarwirtschaft

Die Einigung zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021) sei ein „klimapolitisch vollkommen unzureichender und unausgegorener Formelkompromiss“. „Unzumutbar sind die geplanten Einschränkungen bei der Förderung neuer größerer Solardächer.“ (Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer)

Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE)

„Auf den letzten Metern ist es der Koalition gelungen, viele kleine Punkte noch zu klären. Völlig unverständlich ist allerdings, dass die Erhöhung der Ausbauziele auf das kommende Jahr verschoben wird. Damit fehlt die entscheidende Grundlage, um Erneuerbare-Ausbau-Ziele und Klimaziele zu erreichen. (…) Offensichtlich hat man zwar erkannt, dass die Ausbauziele unzureichend sind, will aber nicht sofort handeln. Es braucht jetzt ehrliche Ziele auf Basis realistischer Annahmen des steigenden Bruttostrombedarfs in der Zukunft.“ (Dr. Simone Peter, Präsidentin des BEE)

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

„Nach dem EU-Beschluss vom Freitag zu einer Erhöhung der Klimaziele muss die Bundesregierung nun zeigen, dass sich diese in der nationalen Gesetzgebung widerspiegelt. Leider lassen die am Wochenende getroffenen Einigungen zwischen CDU und SPD auf einen Verschiebebahnhof schließen: Die Anpassung der Ausbauziele und -pfade soll erst im Frühjahr verhandelt werden.“ (Antje von Broock, Geschäftsführerin Politik und Kommunikation)

Sonneninitiative e.V.

„Wir fragen uns, unter welchen rechtlichen Bedingungen Anlagen ab dem 1.1.2021 laufen werden. Es zeugt von einer unermesslichen Arroganz der Regierenden, die Regeln für Anlagen, die in zwei Wochen in Betrieb gehen, immer noch nicht festgelegt zu haben. Wir versuchen immer nach Kräften, Bürokratie und Recht von den Teilnehmern an unseren Bürgersonnenkraftwerken fern zu halten, doch damit macht man uns das Leben wirklich schwer.“ (Volker Klös, Geschäftsführer)


Links und Quellen:
https://www.pv-magazine.de/2020/12/14/eeg-novelle-2021-spd-verkuendet-durchbruch-enttaeuschung-bei-solarbranche/
https://www.timon-gremmels.de/2020/12/14/durchbruch-beim-eeg-2021-ausbau-der-erneuerbaren-energien-und-der-solarenergie-kann-weiter-fahrt-aufnehmen/
https://www.solarwirtschaft.de/2020/12/14/eeg-2021-verzagt-und-vertagt/
https://www.bee-ev.de/presse/mitteilungen/detailansicht/die-letzte-chance-der-bundesregierung-den-dezentralen-ausbau-erneuerbarer-voranzubringen
https://www.bee-ev.de/presse/mitteilungen/detailansicht/einigung-beim-erneuerbare-energien-gesetz-eeg-kleinteilige-verbesserungen-aber-nicht-der-grosse-wurf

Wenige Tage vor Inkrafttreten ist das neue EEG2021 noch lange nicht fertig.

„Setzen, 6“ rufen die Verbände Peter Altmaier zu.

Das Bundeswirtschaftsministerium ist vom Koalitionsausschuss zur Überarbeitung des ungenügenden EEG2021 gezwungen worden.