Neue Regierung – neue Klimapolitik?

Klimapolitik muss man konsequent planen und umsetzen, sozial gestalten und richtig erklären. Das ist in den letzten 16 Jahren unter Kanzlerin Merkel leider nicht passiert.

Die GroKo, mit dem vom Verfassungsgericht geforderten und dann kosmetisch geänderten Klimaschutzgesetz und „Sofortmaßnahmen“, will sich (und die Wähler) im letzten Moment halbwegs auf Kurs bringen. Doch die Kanzlerin sagt auf dem „Tag der Industrie“ (TDI, 21.-23. Juni 2021): „Wir werden in den nächsten Jahren gigantische Summen ausgeben müssen.“ Super-GAU für das Image der Klimapolitik.

Der Bürger, der das in den Nachrichten hört, denkt nun: Klimaschutz ist teuer und unbequem. Falsche Einordnung: Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der schnelle Kohleausstieg sind keine Gefahr für den Industriestandort Deutschland, sondern im Gegenteil eine gigantische Chance. Nicht oder zu wenig für den klimafreundlichen Umbau der Industriegesellschaft zu tun würde schon bald durch die Kosten stark steigender Klimaschäden extrem teuer. Wer in klima- und umweltfreundliche Zukunftstechnologien investiert, steht an der Spitze, wer es nicht tut verliert.

Nach Jahrzehnten Lobby-gesteuerter Energiepolitik ist die Bundesregierung in der Zwickmühle. Die Fridays-for-Future-Bewegung heizt ihr ein, das Bundesverfassungsgericht tritt ihr Klimaprogramm in die Tonne, die Warnungen aus der Wissenschaft vor einem Überschreiten des Pariser 1,5-Grad-Erwärmungslimits werden immer dringender und die Gesellschaft wird immer mehr auf das Thema aufmerksam.

Bereits 1990 legte eine Kommission des Bundestages die Blaupause für den Umbau vor: schneller Ausbau der Öko-Energien, Kohleausstieg, Gebäudesanierung, Verkehrswende, ökologisch realistische Preise. Hätten die Regierungen seither diese Punkte zügig angepackt, die Paris-Ziele einzuhalten wäre jetzt ohne Radikalkur machbar.

Der Ökostrom-Ausbau nahm zwar nach 1998 unter Rot-Grün mit der Einführung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) Fahrt auf, wurde dann aber unter Merkels GroKos und Schwarz-Gelb bewusst abgebremst (z.B. die Entkoppelung der EEG-Umlage vom EE-Zubau und eine neue Berechnungsart für Strom von der Strombörse – die sog. „Besondere Ausgleichsregelung“).

Auch dem letzten Skeptiker dürfte seit den letzten Hitze- und Trockenjahren inklusive vertrocknender Wälder und Überschwemmungen klar sein, dass sich das Klima schon heute rasant verändert – nicht nur irgendwo, sondern auch hier bei uns. Mit Klimaschutz wird also jetzt plötzlich von allen Wahlkampf gemacht, auch von ausgewiesenen Kohlefreunden wie Armin Laschet. Umsetzen muss das Langfrist-Programm und die „Sofortmaßnahmen“ nicht mehr die GroKo, sondern die nächste Bundesregierung.

Und die muss die Klimapolitik ganz neu angehen: als positives Projekt, nicht als Verzichtprogramm. Gut gemachter Klimaschutz schafft unterm Strich mehr Jobs, sichert Absatzmärkte, stärkt die Tourismusbranche im Inland, macht den Standort Deutschland und das Leben sicherer und angenehmer und führt uns alle in eine bessere Zukunft.

Die Kanzlerin hinterlässt ein schweres Erbe in der Klimapolitik.