Klimaziel 2020 in Sicht

Der milde Winter mit viel Wind und die Corona-Krise lassen das Klimaziel vielleicht doch noch erreichen.

Anfang 2018 musste die Groko beim Klimaschutz einen Offenbarungseid leisten: Das CO2-Ziel für 2020 sei nicht zu schaffen. Eine große Peinlichkeit, Folge von Untätigkeit und von der Kohlelobby gesteuerter Interessen. Statt minus 40 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 seien nur rund 33 Prozent drin. Doch plötzlich ist die Welt eine andere: Ende 2020 könnte das Klimaziel sogar noch übertroffen werden, sagt der Berliner Thinktank Agora Energiewende. (https://www.agora-energiewende.de/presse/neuigkeiten-archiv/corona-krise-und-milder-winter-lassen-deutschland-klimaziel-fuer-2020-erreichen-1/)

Klimapolitisch profitiert Deutschland laut der Analyse vor allem von zwei Effekten – einem milden Winter und der Corona-Krise. Der warme Winter mit ausgeprägten Winterstürmen hat den Energieverbrauch zum Heizen sinken und die Stromproduktion aus Windkraft ansteigen lassen. Das aktuelle Wetter, sonnig und kühl, sorgt auch für sehr hohe Erträge bei unseren Bürgersonnenkraftwerken – gut für die Teilnehmer und gut fürs Klima.

Dazu kommt die Corona-Krise, die vor allem zwei Effekte hat: Es gibt weniger Verkehr und die Nachfrage der Industrie nach Strom und Erdgas sinkt. Agora-Direktor Patrick Graichen bilanziert: „Wir gehen aktuell davon aus, dass der Rückgang der Emissionen bei 40 bis 45 Prozent liegen könnte.“ Corona erhöht die Reduktion je nach Szenario um 30 bis 100 Millionen Tonnen CO2. Im untersten Fall wären die 40 Prozent genau erreicht, im höchsten sogar um fünf Prozent überschritten.

Graichen warnt allerdings davor, diese Zahlen schon als gute Nachricht für den Klimaschutz zu werten. Zum einen würden die Emissionen nach der Krise wieder hochschnellen, zum anderen drohe ein Rückgang bei klimaschutzrelevanten Investitionen, etwa bei den erneuerbaren Energien, bei der Gebäudesanierung oder in der Industrie. „Wachstums- und Konjunkturpakete, die jetzt geschnürt werden, sollten daher nicht nur die Folgen der Corona-Rezession bekämpfen, sondern sie müssen auch helfen, Deutschland langfristig klimasicher aufzustellen.“

Ähnliche Forderung stellen auch Umweltverbände. Der BUND meint: „Wir brauchen einen Green Deal für Deutschland, der Menschen sozial absichert, in der Krise neue Arbeitsplätze schafft und den Weg in eine klimafreundliche Zukunft mit starken regionalen Kreisläufen weist.“

Greenpeace fordert, die Bundesregierung müsse das geplante Konjunkturprogramm zu einem „grünen Marshallplan“ machen. Die Organisation schlägt u.a. vor, den Ausbaudeckel für Solaranlagen zu kippen und die Nutzung von Homeoffice als Chance zur Verminderung von Arbeitswegen zu analysieren. Auch Videokonferenzen, die vernetzte Schule und ähnliches sind kreative Möglichkeiten der Kommunikation und Arbeit in der Krise.

Norditalien ist besonders stark von der Corona-Krise betroffen. Doch der „Shutdown“, also das Herunterfahren des öffentlichen Lebens, hat auch etwas Positives: In Venedig freuen sich Delfine und Schwäne über das klare Wasser und sind wieder in den Kanälen der Stadt unterwegs.

Durch elektronische Kommunikationsmöglichkeiten werden viele Autofahrten überflüssig.