Klimakrise: Grönlands neues Geschäftsmodell

In vielen Regionen der Welt wird Trinkwasser knapp, in Polarregionen fließt süßes Schmelzwasser in die salzigen Ozeane. Grönlands Regierung hat eine Marktlücke erkannt.

In Grönland erreicht die Eisschmelze immer größere Ausmaße. Seit 1992 sollen dort mehr als 3,8 Billionen Tonnen Gletschereis verschwunden sein. Das Süßwasser hat einen Anstieg der Weltmeere um mehr als einen Zentimeter verursacht. Jeder zusätzliche Zentimeter, um den die Ozeane steigen, bedroht den Lebensraum von rund sechs Millionen Menschen weltweit.

Grönland begreift die Erderwärmung als Chance für einen neuen Wirtschaftszweig: Die Regierung der Insel will kommerziellen Unternehmen erlauben, Schmelzwasser aufzufangen und zu verkaufen. Bisher hielten neun kleinere Projekte solche Lizenzen, sagt Industrie- und Energieminister Jess Svane. „Aber wir wollen expandieren und unser Wasser mit dem Rest der Welt teilen.“

Eiswasser gegen Dürre

In weiten Teilen der Welt besteht dringender Bedarf an Trinkwasser. Der Klimawandel sorge auch dafür, dass die Wasserknappheit auf der Welt zunehmen wird, sagt Svane. Man habe erkannt, „dass wir daraus ein marktfähiges Produkt machen können, das anderswo fehlt.“

Zum Beispiel war Kapstadt 2018 die erste Millionenstadt, die nach einer langen Dürre nur ganz knapp am „Day Zero“ vorbeigeschrammt war, also dem Tag, an dem die Wasservorräte vollständig aufgebraucht sind. Die Südafrikaner hatten sogar erwogen, einen Eisberg aus der Antarktis ans Kap zu schleppen und Schmelzwasser an Land zu bringen. Inzwischen hat sich die Situation wieder beruhigt, bis zum nächsten Mal.