FFF – Wir sind wieder da

Ein Jahr nach dem großen Klimastreik (20.9.2019, über eine Million Menschen) ist die „Fridays for Future“-Bewegung (FFF) wieder zurück auf Deutschlands Straßen. Am 25. September 2020 gab es wieder große Kundgebungen für den Klimaschutz. Coronabedingt gab es eine Pause. Doch Corona wird gehen, die Klimakrise bleibt.

Die Bundesregierung hatte, natürlich kein Zufall, die Beschlussfassung zu ihrem „Klimapaket“ auf den Streiktag 20.9.2019 gelegt. Der Inhalt sollte sicherstellen, dass Deutschland sein CO2-Ziel für 2030 – minus 55 Prozent gegenüber 1990 – erreicht.

Zweifellos hätte es ohne die FfF dieses Paket zu dieser Zeit nicht gegeben. Der Druck war so groß geworden, dass die Regierung handeln musste. Die Groko wollte signalisieren: „Wir haben verstanden.“ Aber als der Inhalt des Pakets bekannt wurde, war die Enttäuschung groß.

Es wurde klar, dass die Merkel-Regierung durchgreifenden Klimaschutz nur antäuscht. Inhalt des Klimapakets unter anderem: Einstieg in die CO2-Bepreisung mit minimalen zehn Euro pro Tonne ab 2021, Fördermittel für Heizungsmodernisierung und Gebäudedämmung sowie eine Kaufprämie für Elektroautos. Die Regierung führte zwar Klimaschutzsubventionen ein, änderte aber nichts an den viel größeren Subventionen für fossile Technologien. Die machen laut Umweltbundesamt 57 Milliarden Euro pro Jahr aus.

Und jetzt, Herbst 2020? „In der deutschen Klimapolitik fehlt immer noch der große Wurf“, sagt Rainer Grießhammer, Ex-Geschäftsführer des Öko-Instituts in Freiburg. „Es gab zwar ein paar Korrekturen aufgrund des Drucks aus dem Bundesrat, aber die haben daran im Kern nichts geändert“, sagt Grießhammer. Zum Beispiel ist die CO2-Bepreisung nicht mehr ganz so „kosmetisch“. Sie startet nun statt mit 10 mit 25 Euro pro Tonne.

Grießhammer: „Der Lenkungseffekt ist null.“ Es müsse einen deutlich höheren Einstieg geben und mehr Dynamik als die für 2026 geplanten 55 bis 65 Euro. Selbst VW-Chef Herbert Diess sieht das ähnlich. Für 2023 hat er 60 Euro und für 2026 dann 100 Euro vorgeschlagen.

Zu spät gekommen waren die FfF für ein anderes Thema der deutschen Klimapolitik, den Kohleausstieg. Während der entscheidenden Sitzungen der Kohlekommission, die ihren Plan im Januar 2019 vorlegte, waren ihre Streiks und Demos erst im Aufbau. Durchaus denkbar, dass bei einem anderen Timing das gesetzlich fixierte Abschaltjahr 2038 vorgezogen worden wäre.

Natürlich hätte es auch dann keine Garantie gegeben, dass daraus konkrete Politik geworden wäre. Denn: Die Koalition setzte auch den mühsam in der Kommission erarbeiteten Ausstieg keineswegs 1 zu 1 um. So durfte das neue Kohlekraftwerk Datteln 4 ans Netz und ausgerechnet die besonders klimaschädlichen Braunkohlemeiler laufen länger als vorgeschlagen.

„Das belastet die CO2-Bilanz unnötig mit rund 100 Millionen Tonnen CO2“, sagt Grießhammer. „Eigentlich dürfte Deutschland deswegen ab 2026 gar keine Treibhausgase mehr emittieren, um das angepeilte 1,5-Grad-Limit einhalten zu können.“

Und die erneuerbaren Energien? Der von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der einerseits die FfF lobt und andererseits als zuständiger Minister den Klimaschutz ausbremst, vorgelegte Entwurf für ein neues EEG 2021 ist laut Klimaexperten nicht „pariskompatibel“. Zwar sollen die Ausbauziele für Wind und Solar angehoben werden, um die für 2030 angepeilten 65 Prozent Ökostrom zu erreichen. Derzeit sind es rund 50 Prozent. Doch für das Pariser Klimaschutzabkommen sind eher mindestens 75 statt 65 Prozent nötig.

Und die Wasserstoff-Strategie? Hier geht es darum, vor allem Industrieprozesse, die bisher noch mit fossilen Energien laufen, in den nächsten Jahrzehnten auf den potenziell sauberen Energieträger umzustellen. Die Regierung favorisiert natürlich den „grünen“ Wasserstoff, der mittels Ökostrom hergestellt wird. Das Problem: Ein gigantischer Bedarf an erneuerbaren Energien.

Der Corona-Lockdown führte zu weniger CO2-Emmissionen, das ist erstmal gut. Lieber hätten wir aber gesehen, dass gute Klimapolitik das bewirkt – mit oder ohne FfF. Fazit: Wir brauchen mehr sauberen Strom. Sonne, Wind, Wasser und Biomasse stehen dafür bereit. Dezentral und hauptsächlich von engagierten Bürgern getragen. Packen wir's weiter an.

Es wird wieder öffentlich für eine bessere Klimapolitik demonstriert.