Die Aussichten: Sehr sonnig mit vereinzelten Unklarheiten

„Mehr Fortschritt“ wollen die Ampel-Koalitionäre „wagen“. Doch was bedeutet das konkret für Photovoltaik und Bürgersonnenkraftwerke? Wir haben uns den Koalitionsvertrag genauer angeschaut. Da kommt einiges auf uns zu. Fast nur Gutes, für die Energiewende und private Klimainvestoren.

Teile des Koalitionsvertrags lesen sich wie ein Märchen. Zu schön, um wahr zu sein?  Das wird sich letztendlich an der Umsetzung dieser gemeinsamen Willensbekundung messen lassen müssen. Doch die Ambitionen sind groß.

„Die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, hat für uns oberste Priorität“, steht es in der Präambel. Die soziale Marktwirtschaft soll in eine sozial-ökologische Marktwirtschaft verwandelt werden. Der Abbau von Hürden für den Ausbau erneuerbarer Energien soll Tempo bringen, damit Deutschland wieder zum Innovationstreiber bei Umwelttechnologien wird.

Schon nächstes Jahr soll ein „Klimaschutz-Sofortprogramm“ kommen. Grundsätzlich sollen in der 20. Legislaturperiode des deutschen Bundestages alle Gesetze einen „Klimacheck“ durchlaufen, bevor sie verabschiedet werden. Zentrales Mittel ist der CO2-Preis, bei dem die neue Bundesregierung dafür sorgen will, dass er nicht unter 60€ pro Tonne fällt.

Beim Thema Strom wird endlich die Realitätsverweigerung der alten Regierung aufgegeben. Die Koalitionäre erkennen an, dass immer mehr von Gas und Öl auf elektrische Energie umgestellt wird, z.B. durch Elektromobilität oder Wärmepumpen. Sie schätzen den Strombedarf im Jahr 2030 auf 680-750 Terawattstunden (TWh), während die alte Regierung auch für die Zukunft stets von rund 545 TWh (2020) ausgegangen war. 80% des Strombedarfs sollen 2030 aus Erneuerbaren kommen. Von den Erneuerbaren wird an erster Stelle die Photovoltaik (PV) genannt:

  • Die deutschlandweite PV-Gesamtleistung soll von heute knapp 60 Gigawatt (GW) auf 200 GW in 2030 ausgebaut werden. Das würde eine Verdrei- bis Verfünffachung des Zubaus der vergangenen Jahre auf rund 16 GW pro Jahr bedeuten.
  • Als Mittel für diesen „massiven Ausbau“ setzt die neue Regierung auf
    • eine Renovierung des EEG,
    • die Stärkung von PPAs (langfristige Stromlieferverträge) und
    • den Handel mit Herkunftsnachweisen, um grünen Strom regional vermarkten zu können.
  • Die EEG-Umlage wird ab 2023 komplett wegfallen. Die Mittel dafür werden von den Erlösen der CO2-Bepreisung übernommen.
  • Bei gewerblichen Neubauten kommt die Solarpflicht.
  • Hemmnisse, z.B. durch verzögerten Netzanschuss oder der unleidigen Zertifizierung, sollen beseitigt werden.
  • Vergütungssätze sollen angepasst, der „atmende“ Deckel soll geprüft werden.
  • Bürgerenergie soll gestärkt werden.
  • Mieterstrom- und Quartierskonzepte sollen vereinfacht und gestärkt werden.
  • Speicher sollen als „eigenständige Säule des Energiesystems rechtlich definiert“ werden.
  • Es wir ein neues Strommarktdesign geben.
  • Netzentgelte und -transparenz werden reformiert.

Der Verein blickt optimistisch in eine sonnige Zukunft:

  • Besonders freuen wir uns über die Abschaffung der „Sonnensteuer“ genannten EEG-Umlage, die den Stromverkauf vor Ort teuer und die Verwaltung aufwändig macht. Erheblicher Arbeitsaufwand fällt nämlich bisher durch Errechnen, Nachweisen und Abführen der EEG-Umlage beim Stromverkauf vor Ort an.
  • Ob, wann und wie genau die Hemmnisse beim Netzanschluss fallen werden – wir sind gespannt. Bitter nötig wäre das auf jeden Fall.
  • Eine Erhöhung der Vergütungssätze für die Netzeinspeisung ist überfällig. Denn die Zeiten, in denen die Preise für Solartechnik nur nach unten gingen, sind lange vorbei. Corona- und Lieferkettenproblematik sowie die steigende weltweite Nachfrage sorgen immer wieder für Engpässe und entsprechend steigende Preise. Die Rendite für Solarinvestitionen muss wieder steigen.
  • Auf das neue Strommarktdesign für die Leipziger Strombörse darf man gespannt sein, aber das liegt wohl noch ziemlich im Nebel. Vielleicht wird es ja möglich, einen Bürgerspeicher zu betreiben, der den Sonnenstrom in die Nacht bringt und die Netze stabilisiert. Das funktioniert natürlich nur, wenn man dabei eine angemessene Rendite erwirtschaften kann. Konzepte liegen schon in unserer Schublade, es fehlen die gesetzlichen Rahmenbedingungen.
  • Auf die Stärkung der Bürgerenergie sind wir besonders gespannt. Wird es möglich sein, Sonnenstrom regional zu vermarkten? Kann ich meinen Sonnenstrom künftig an Freunde und Bekannte frei verkaufen (Energy Sharing)? Kann ich meinen Strom, den ich bei einem Bürgersonnenkraftwerk erzeuge, selbst zu Hause nutzen?

Fazit: Das sieht alles sehr sonnig aus, obwohl naturgemäß noch viel Unklarheit herrscht. Nicht nur darüber, was die neue Regierung will, sondern vor allem, wie sie es erreichen will. Die Erfahrung lehrt, dass Gesetze und Vorschriften sich ständig „vermehren“, und so eigentlich gut gemeinte Änderungen durch weiteren Verwaltungsaufwand zum Bumerang werden.

Wir möchten der Ampel deshalb zurufen: Ihr müsst die Energiewende nicht neu erfinden. Einfach die Bremsen lösen reicht völlig. Erneuerbare Energien, besonders Photovoltaik, sind längst die günstigsten, nicht nur fürs Klima, auch fürs Portemonnaie. Lasst einfach die Zügel los, dann gewinnen wir das Rennen um den Erhalt unserer Biosphäre.

Welche Rolle spielt die Photovoltaik für die künftige Regierung?

Die junge Regierung will die Sonne für PV aufgehen lassen.