Der Klima-Trick der EU

EU-Präsidentin Ursula von der Leyen will der EU ein stärkeres CO2-Sparziel verordnen. Doch ihr Plan ist weniger ambitioniert als er scheint, ein Rechentrick macht's möglich.

Waldbrände, Gletscherabbrüche, Dürre mit schweren Ernteschäden,Überschwemmungen, usw. – die Welt ist in keinem guten Zustand. Deshalb sollte der Klimaschutz das Glanzstück der Amtszeit von der Leyens werden, dann kamen mit dem Coronavirus neue Prioritäten. Jetzt meldet sich die Klimapräsidentin zurück und will der EU ein verschärftes Klimaziel verordnen.

Bis zum Jahr 2030 soll der Treibhausgas-Ausstoß der EU um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 sinken, statt wie bisher geplant um 40 Prozent. In den vergangenen 30 Jahren wurde aber lediglich eine Reduzierung um 25 Prozent geschafft, für die restlichen 30 Prozent blieben damit nur noch zehn Jahre.

Aber es müsse sein, so von der Leyen, wolle die EU ihr Ziel erreichen, bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu sein. Bei genauerem Hinsehen aber stellt sich heraus: Die Verschärfung des Klimaziels wird wohl kleiner ausfallen als versprochen. Weil die Kommission jetzt die Methode der Berechnung ändert.

Mehrere Prozentpunkte durch Rechentrick gespart

Um das neue 2030-Ziel auf den Weg zu bringen, muss die Kommission ihren im März vorgestellten Entwurf für ein Klimagesetz ändern. Im Änderungstext findet sich eine wichtige Neuerung: Die Landnutzung – also die CO2-Aufnahme von Wäldern, Böden oder Feuchtgebieten – soll nun von den Emissionen abgezogen werden. Im Gesetzentwurf vom März war davon noch keine Rede.

Was nach einem technischen Detail klingt, hat es in sich. Denn allein die Wälder, die rund 40 Prozent der Fläche der EU bedecken, schlucken nach Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat mehr als 260 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Diese Menge macht immerhin rund fünf Prozent des Ausstoßes von 1990 aus. Die Verschärfung des 2030-Ziels um 15 Prozentpunkte, die von der Leyen angekündigt hat, würde dadurch um ein Drittel sinken.

Ausgerechnet mit den klimagestressten Wäldern die Klimabemühungen der EU schönzurechnen ist keine gute Idee. Die Renaturierung von Wäldern und der Schutz von Böden wäre laut Greenpeace-Waldexperte Christoph Thies eine Klimaschutzmaßnahme, die „sofort erhebliche Wirkung bringen könnte“. Die derzeitige CO2-Aufnahme der Wälder ließe sich vermutlich verdoppeln. So würden derzeit EU-weit rund 80 Prozent des nachwachsenden Holzes geerntet. Schon eine Verringerung auf 50 Prozent würde viel bringen.

Von der Leyen sagt, es gehe nicht nur um die Senkung von Emissionen, sondern um nicht weniger als eine „systemische Modernisierung von Gesellschaft und Wirtschaft“. Ergo: Wir brauchen mehr Wald und vor allem mehr CO2-freie dezentrale Energieproduktion in Bürgerhand.