Atomausstieg: Stromversorgung gesichert

Deutschlands letzte sechs Atomkraftwerke gehen bis Ende 2022 vom Netz. Eine DIW-Studie untersucht die energiewirtschaftlichen Folgen des Atomausstiegs.

Studienautor Christian von Hirschhausen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): „Die Abschaltung der letzten sechs Kernkraftwerke beendet einen historischen Versuch mit einer gefährlichen und teuren Energiequelle in Deutschland. Eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit ist nicht zu erwarten. Der Fokus muss jetzt auf die nächsten Schritte der Atomwende gerichtet werden, vor allem die sichere Endlagerung von radioaktiven Abfällen.“

Doch wohin mit 27.000 Kubikmetern hochradioaktivem Abfall? Und: Wer trägt am Ende die tatsächlichen Kosten des Abbaus der Atommeiler? Diese Fragen werden uns noch schmerzlich beschäftigen. Die DIW-Energieexperten sehen den endgültigen Abschied dieser nicht nachhaltigen Risikotechnologie als wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Endlagersuche, die bis 2031 abgeschlossen sein soll. Mit der Abschaltung der letzten Reaktoren besteht Planungssicherheit über die zu entsorgenden Mengen an radioaktivem Abfall.

„Gesellschaftliche Akzeptanz für die Auswahl eines Endlagers gibt es zudem nur dann, wenn nicht mehr am politisch beschlossenen Ende der kommerziellen Nutzung von Kernenergie gerüttelt wird“, so Studienautor Ben Wealer. „Atomenergie ist ein Auslaufmodell, Laufzeitverlängerungen oder Investitionen in vermeintlich sichere neuartige Kernkraftwerke wären ein Irrweg.“

Daher sprechen sich die DIW-Wissenschaftler auch dagegen aus, Atomkraft als nachhaltige Energie in die EU-Taxonomie (ein Klassifizierungssystem für klimafreundliche Wirtschaftsaktivitäten) aufzunehmen. Stattdessen sollten Subventionen in die Kernenergie europaweit gestrichen werden.

Die Lichter in Deutschland werden nicht ausgehen

„Die Abschaltung ebnet den Übergang zum überfälligen Ausbau der erneuerbaren Energien. Kernenergie war von Anfang an unwirtschaftlich und geprägt von nicht kalkulierbaren Risiken“, sagt Studienautorin Claudia Kemfert.

In einem speziellen Strommarktmodell beleuchten die Wissenschaftler, wie sich die Abschaltung der sechs Kraftwerke auf die Stromflüsse und den Energiemix auswirkt. Die Kernkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Grundremmingen C (gehen Ende 2021 vom Netz) sowie Neckarwestheim 2, Isar 2 und Emsland (gehen Ende 2022 vom Netz) haben zusammen eine Nettoleistung von acht Gigawatt. Damit wurden im vergangenen Jahr 11,3 Prozent des Stroms in Deutschland erzeugt.

Atomkraft international

Atomkraft spielt in der globalen Primärenergieversorgung mit 4,4 Prozent eine geringe und rückläufige Rolle. Der aktuelle Kraftwerkspark ist überaltert, ca. 200 Abschaltungen im kommenden Jahrzehnt stehen lediglich 46 Neubauprojekte gegenüber. Dennoch verbreitet die Atomwirtschaft, insbesondere die World Nuclear Association (WNA), das Narrativ eines großen Interesses vieler Länder an der Neu-Einführung.

Die Versorgungssicherheit bleibe gewährleistet, wenn das deutsche Stromsystem auf erneuerbare Energien in Verbindung mit Speichern und gesteigerter Flexibilität umsteige, bilanzieren die Ökonomen. Also: Jetzt die Erneuerbaren erheblich zubauen und die schon fortschrittliche Speichertechnik vorantreiben.

 

Quelle:

diw.de/de/diw_01.c.830219.de/publikationen/wochenberichte/2021_47_1/atomwende__abschaltung_von_kernkraftwerken_eroeffnet_perspektiven_fuer_die_endlagersuche.html