Ab 2023: Steuerfreiheit für „kleinere“ Photovoltaik

Noch wichtiger als das Erneuerbare-Energien-Gesetz sind für viele Photovoltaikbetreiber:innen die Steuergesetze. Hier plant die Regierung, Photovoltaikanlagen kleiner als 30 Kilowatt peak von Einkommen- und Umsatzsteuer zu befreien. Dies würde Teilnehmer:innen von Papierkram und Steuerberatungskosten entlasten.

„Photovoltaik ist Deutschlands beliebteste Energiequelle – bis man es mit dem Finanzamt zu tun bekommt“, so könnte man die Erfahrungen vieler Bürgerinnen und Bürger zusammenfassen. Man muss jahrelang Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen abgeben und den Eigenverbrauch umständlich als Entnahme bewerten, nur um die Vorsteuer für die Anlage zurückzubekommen. Außerdem muss jährlich der (automatisch entstandene) Gewerbebetrieb einkommensteuerlich behandelt werden. Dieser Aufwand für wenige Euro Steuern. Das belastet nicht nur den Steuerpfichtigen, sondern auch ganz erheblich die Finanzämter.

Die Regierung plant deshalb, Sonnenbürger:innen von dieser überflüssigen Bürokratie zu entlasten. Dazu nutzt sie das Jahressteuergesetz 2022, das derzeit (4.10.22) als Regierungsentwurf vorliegt, noch vor Jahresende beschlossen werden und ab 1.1.2023 gelten soll.

•    Ertragsteuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen)
•    Umsatzsteuerbefreiung für Kauf und Installation von kleineren PV-Anlagen

 

Keine Einkommensteuer mehr

Künftig sind PV-Anlagen bis 30 Kilowatt peak (kWp) einkommensteuerfrei. Sie müssen allerdings auf Einfamilienhäusern oder Nichtwohngebäuden installiert sein. Bei anderen Wohnhäusern liegt die Grenze bei 15 kWp pro Wohneinheit. Maßgeblich ist die Größe der Gesamtanlage, nicht die Größe der Teilanlage eines Teilnehmers1.Es gilt die Größe laut Marktstammdatenregister. Dies gilt auch, wenn man mehrere solcher Anlagen besitzt, allerdings nur bis insgesamt 100 kWp pro Steuerpflichtigem.

Betreiber solcher Photovoltaikanlagen haben ab 2023 die Einnahmen und Kosten aus solchen Anlagen nicht mehr anzugeben. Auch die Privatentnahme, also der Eigenverbrauch zuhause, muss nicht mehr bewertet und versteuert werden.    

Natürlich können Kosten dann auch nicht mehr angesetzt werden, ebenso Abschreibungen, Sonderabschreibungen oder der Investitionsabzugsbetrages (IAB).

Es handelt sich nicht um eine Kann-Regelung. Der Steuerpflichtige hat keine Wahlfreiheit, ob er besteuern will oder nicht. Fällt er in o.g. Rubrik, darf er Erträge oder Verluste einer bzw. mehrerer PV-Anlagen ab 2023 nicht mehr ansetzen.

Die Steuerbefreiung gilt – auch für Bestandsanlagen – für alle Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31. Dezember 2022 erzielt oder getätigt werden.

Fazit:

Teilnehmer:innen, die insgesamt bis zu 100 kWp an Bürgersonnenkraftwerken besitzen und jede dieser Anlagen kleiner gleich 30 kWp ist, brauchen und dürfen ab der Einkommensteuererklärung 2023 keine Gewinnermittlung mehr vornehmen, also keine Anlage EÜR mehr abgeben.

Teilnehmer:innen, die auf Verlustverrechnungen aus sind, z.B. durch Sonderabschreibungen oder IAB, müssen auf größere Projekte ausweichen oder selbst insgesamt mehr als 100 kWp PV-Anlagen ihr eigen nennen.

Keine Umsatzsteuer mehr

Wollte man bisher die 19% Umsatzsteuer (USt) für die Anschaffung einer PV-Anlage erstattet bekommen, musste man auf die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung verzichten. Dadurch mussten alle Erträge zzgl. USt vereinnahmt, Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und die USt abgeführt werden.

Der Grund für den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung entfällt jetzt, denn Lieferung und Montage von PV-Anlagen bis 30 kWp sind ab 1.1.2023 steuerfrei.

Erwerbs- und Montagerechnungen für PV-Anlagen bis 30 kWp werden künftig vom Anlagenerrichter ohne Umsatzsteuer ausgestellt. Maßgeblich ist die Größe des Bürgersonnenkraftwerks lt. Marktstammdatenregister, nicht die Größe des Anteils des Teilnehmers.

Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung muss nach wie vor beim Finanzamt beantragt werden. Der Wechsel in die Kleinunternehmerschaft kann nur zum Jahreswechsel erfolgen. Der Verein muss vor der Rechnungstellung, d.h. vor dem 31.12.2022, vom Wechsel informiert werden, damit die Gutschriften 2023 ohne Umsatzsteuer erstellt werden.

Fazit:

Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung wird vor allem durch den Vorsteuerabzug bei der PV-Anlage motiviert. Da die Anschaffung von PV-Anlagen < 30 kWp jetzt steuerfrei ist, kann ohne Verluste die Kleinunternehmerregelung angewandt werden. Die Voraussetzungen des § 19 UstG für die Kleinunternehmerregelung (Bruttoumsatz <= 22.000 €) gelten weiter.

Besitzt man eine Bestandsanlage, die jünger als 5 Jahre alt ist, sollten man mit dem Wechsel in die Kleinunternehmerregelung warten, damit man nicht Teile der schon erstatteten Vorsteuer zurückführen muss. Künftig ist dies nicht mehr nötig, denn ab 1.1.2023 enthält die Rechnung für die PV-Anlage keine Umsatzsteuer mehr.

Steuerfreie PV-Zukunft

Auf Verein und Teilnehmer:innen kommt etwas Arbeit zu, um die neuen Steuererleichterungen einzutakten. Viele Teilnehmer:innen werden in die Kleinunternehmerschaft wechseln wollen, dies geht immer nur zum Jahreswechsel. Teilnehmer:innen, die auf Verlustverrechnung aus sind, sollten künftig Projekte über 30 kWp wählen oder über insgesamt mehr als 100 kWp verfügen.

Alle Sonnenbürger:innen werden durch die Steuerbefreiung erheblich von Steuerverwaltung entlastet. Dies haben wir der Europäischen Union zu verdanken, die in ihrem Legislativpaket „Saubere Energie für alle Europäer", Winterpaket genannt, im November 2016 die Grundlage gelegt hat, die jetzt durch die Ampelkoalition kreativ in deutsches Recht überführt worden ist. Das Winterpaket hatte das Bündnis Bürgerenergien (BBEn), bei dem der Verein seit Jahren mitarbeitet, mit seinen Lobbykontakten nach Brüssel erheblich mitgestaltet.

Der Verein freut sich sehr über den Bürokratieabbau. Dadurch wird das Engagement vieler Bürger:innen noch einmal erheblich zunehmen, weil die „Spaßbremse“ Finanzamt ausgeschaltet wird.


1) Hinweis: Diese Aussage entsprach den Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (4.10.2022). Inzwischen (8/2023) bemessen einige Finanzämter die Einkommensteuerfreiheit nach den Anlagen (Anteilen) des Teilnehmers am ganzen Bürgersonnenkraftwerk (Gesamtanlage). Welche dieser beiden Rechtsauffassungen tatsächlich gilt, bleibt abzuwarten. Hier haben wir dies ausführlich beleuchtet.

Kleinere Photovoltaik wird von den Fesseln der Steuerbürokratie befreit.

Die Ampelkoalition macht Sonnenfreund:innen ein riesiges Geschenk.